Sicherlich drei Jahre ist es her, seit ich Road Grand Tours – heute RGT Cycling – auf der Eurobike kennenlernte. Jetzt wird es Zeit für einen gründlichen RGT Cycling Test.
Wenn ich mich recht erinnere, hatten sie damals nur eine einzige Strecke im Angebot – Cap Formentor auf Mallorca. Die Grafik war annehmbar, auch wenn sich in den ersten Betaversionen manch Grafikfehler eingeschlichen hatte.
Wenn die so weiter machen, dachte ich damals, können sie Zwift gefährlich werden.
Seither hat sich RGT Cycling immer weiter verbessert. Bereits Ende 2017 kam Pienza, eine Strecke in der Toskana, hinzu. Dann Canary Wharf. Von dieser 1 km langen Rundstrecke im Finanzzentrum von London war ich begeistert. Detailgetreu ist die Strecke nachgebildet. Woher ich das weiß? Beruflich war ich öfter dort – leider nie mit dem Fahrrad.
Was nützt aber die beste Grafik, wenn Mitfahrer fehlen? Meist war es auf den RGT-Strecken gähnend leer, während Zwift Monat um Monat Besucherrekorde verzeichnen konnte.
Am Preis kann es nicht gelegen haben. Schließlich war RGT lange kostenlos.
Heute muss man zahlen, wenn man alle Features nutzen möchte. Im Gegensatz zu Zwift, kann man aber auch kostenlos mitfahren. Nur hat man dann nicht den vollen Zugriff auf alle Strecken.
8,99 EUR im Monat werden für die Premiummitgliedschaft fällig. Dafür hat man freien Zugriff auf 8 verschiedene Strecken bzw. „Welten“:
Passo de Stelvio (Italien), Cap Formentor (Spanien/Mallorca), 8bar (Deutschland), Pienza (Italien) , Canary Wharf (UK), Borrego Springs (USA), Paterberg (Belgien) und Mont Vontoux (Frankreich).
Hinzu kommen „Magic Roads“, die Höhenprofil und Kurven einer Strecke original abbilden, die Landschaft aber nicht realitätsgetreu nachbilden. Stattdessen sind es Fantasielandschaften à la Zwift, nur etwas realistischer dargestellt.
Cool ist die Strecke „The Chase of the Yellow”, wo es in Frankreich nach La Blanche des Belles Filles hoch geht. 1.037 hm auf 36,9 km. Da brennen die Oberschenkel.
Weitere Magic Roads sind Mortirolo (Ialien), Sa Calobra (Mallorca), Loch Leven (UK), Kielder UK), New York Central Park (USA) …
Der Clou bei den Magic Roads ist aber, dass man eine gpx- oder fit-Dateien per Mail an RGT senden kann, die nach wenigen Minuten Verarbeitungszeit als individuelle Magic Road im Verzeichnis erscheint.
Strukturiertes Training ist bei RGT ebenfalls möglich – jedenfalls für Premiumabonnenten. Ähnlich wie bei Zwift werden Workouts geladen (auch eigene), die man in den Welten der App im ERG-Modus abspult.
Als Premiummitglied kann man schließlich auch zu eigenen Gruppenausfahrten oder Rennen einladen.
Im kostenlosen Basis-Abonnement, kann man weder einladen, noch Workouts fahren. Auch stehen nicht alle Strecken zur Verfügung. Das macht aber nichts. Auch bei Zwift sind nicht immer alle Welten frei geschaltet, es sei denn, man fährt bei einem Social Ride oder Rennen mit. Ähnlich verhält es sich bei RGT Cycling. Lädt ein Premiummitglied zu einem Social Ride oder Rennen ein, egal auf welcher Strecke, können Leute mit Basis-Mitgliedschaft mitfahren; kostenlos!
Was braucht es zum mitmachen?
Jeder der RGT Cycling ausprobieren möchte, braucht zwei Geräte. 1) Ein Android- oder iOS-Smartphone für die Steuerungs- bzw. Mobile-App und 2) entweder einen Computer/Laptop mit Window, einen Rechner mit MacOS, ein iPad oder Apple-TV um die Screen-App anzeigen zu lassen.
Die Systemanforderungen beschreibt RGT hier. Allerdings würde ich nicht unbedingt zu einem Gerät raten, das von den Anforderungen gerade noch ausreicht.
Nachdem Screen- und Mobil-App installiert sind – Download-Links hier – kann es los gehen. Kinderleicht!
Konnektivitätsprobleme kennt RGT Cycling nicht. Screen App und Mobile App verbinden sich spielend, indem man den vierstelligen Code den die Screen App anzeigt, einfach auf dem Smartphone eintippt. Fertig.
Nun kann man Größe, Gewicht und FTP in der Mobile-App eingeben und sich ein Kit zusammenstellen, bestehend aus Rad, Brille, Helm und Trikot.
Der Weg zu allen Funktionen führt über den Home-Screen der Mobile App: Freies Fahren (Explore), Rennen (Race), strukturiertes Training (Train) und Gruppenausfahrten (Socialize).
Über die Auswahl „Explore“ gelangt man in die Streckenauswahl der „real roads“ (oben: Mont Ventoux) und der „magic roads“ (mitte: Chase of the Yellow und unten: eine von mir selbst hochgeladene Route). Links sieht man jeweils die Mobile App und rechts die Screen App mit erweitertem Informationsgehalt.
Wenn man sich für eine Strecke entschieden hat, und an der Startlinie steht, müssen zunächst die Sensoren verbunden werden.
Smarttrainer, Smartbike oder Powermeter verbinden sich über den Funktionsknopf „Power“. Hier kann man auch das „Power Smoothing“ einstellen. Über „Cadence“ verbindet man einen Trittfrequenzsensor, falls der Smarttrainer diesen Wert nicht selbst mitgibt. „Heart“ verbindet den Pulsgurt und über „Slope“ kann man die „Feedback Intensity“ regulieren. Dieses Feature ist ähnlich der „Trainergenauigkeit“ bei Zwift. Bei 100% wird eine Steigung abverlangt, die der Realität entspricht. Dann liegt es ganz beim Fahrer, ob er/sie beispielsweise die 20%-Steigung des Paterberg hoch kommt. Fehlt die Beinkraft, oder ist die Übersetzung nicht bergtauglich, reguliert man besser die Feedback-Intensität. Ein Rad mit Semi-Kompaktkurbel und einer 11-28er Kassette, benötigt vermutlich so um die 50%.
Wenn man nicht einfach alleine fahren möchte, wie wäre es mit Rennen oder Gruppenausfahrten. Man kann sich auch einfach bei anderen Fahren dranhängen.
Last but not least sind Workouts möglich. Wählen kann der Premium-Kunde zwischen den Standardworkouts, Workouts von Trainingspeaks und selbst hochgeladenen Trainings.
Wie fährt sich RGT?
Es gibt Elemente bei RGT, die realistischer sind als bei Zwift, andere wiederum weniger. Wenn Du bei RGT um die Kurve fährst, wird Dein Avatar tatsächlich langsamer. Bei Zwift ballert man unrealistisch schnell um jede Kurve. Ansonsten ist der Avatar weniger dynamisch. Daran sollte RGT noch etwas arbeiten.
Das Höhenprofil und damit die erforderliche Kraft, die man aufs Pedal ausüben muss, wird realistisch wiedergegeben. Windschattenfahren ist möglich. Interessant ist, dass angezeigt wird, wie viel Watt gespart werden, wenn man in den Windschatten kommt. Je enger am Hinterrad ist, desto höher ist die Krafteinsparung.
Natürlich unterstützt RGT Cycling die Climb-Funktion des Wahoo Bike bzw. den Wahoo Climb. Das ist cool.
Was muss man sonst noch wissen?
Während der Fahrt kann man verschiedene Kamerapositionen anzeigen lassen. Auch ein kurzer Blick nach hinten ist möglich. Das finde ich gut.
RGT hat, analog zu Zwift, eine Chat-Funktion.
Last but not least gibt es nach dem Training eine Zusammenfassung und RGT schickt die Daten an Strava, wenn ein Konto verbunden ist.
Fazit
Der Test zeigt, dass RGT Cycling mittlerweile ziemlich ausgereift ist. Die Streckenauswahl ist ausreichend und die Magic Road Funktion lassen eigene Strecken zu -ein individuelles Features, das man bei Zwift nicht findet. Die Grafik von RGT ist sehr ansprechend. Nur die Avatare erscheinen manchmal etwas lahm.
Der Gelegenheitsfahrer ist mit der kostenlosen Basismitgliedschaft gut bedient. Fährt man öfter virtuell und möchte mehr Freiheiten genießen, kommt man um die Premium-Mitgliedschaft nicht herum. 8,99 EUR/Monat, monatlich kündbar, ist ein fairer Preis über den man nicht meckern kann.
Skeptisch? Einfach mal ausprobieren. Es kostet ja nichts.
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Prima Idee, wäre gerne dabei, kann leider Mittwoch nicht.
Die Paterbergrunde fand ich übrigens super als Intervalltraining geeignet. Ich kämpfe noch mit der Technik, der Hinterreifen rutsch gelegentlich. Und ich brauche noch Übung beim Angleichen der Geschwindigkeiten – ich schieße entweder über das Ziel hinaus oder werde zu langsam.
Falsche Seite – sorry, sollte eigentlich woanders hin.
Ich teste es gerade. Aus meiner Sicht ist die Fahrphysik genial, deutlich besser (realistischer) als bei Zwift. Größter Nachteil ist aus meiner Sicht das Streckenangebot bei den „Real Roads“, entweder extrem viele Höhenmeter, oder Null. Ich hätte gerne einen Rundkurs zw 10-20km mit einem gemäßigten Höhenprofil.
Da gebe ich Dir recht. Desahlb habe ich mir meine eigenen Magic-Roads gebaut.
Dennoch bin ich gerade wieder zurück auf Zwift, weil mit die soziale Komponente bei RGT fehlt. Es sind einfach zu wenig Leute online.
Hi Claude,
Ich hoffe es geht Dir gut und vielen Dank für den ausführlichen Bericht.
Ich habe auf der Seite von Wahoo gesehen, dass es noch weitere Trainingsanbieter gibt, mit denen die Smarttrainer kompatibel sind:
https://de-eu.wahoofitness.com/media/downloads/KICKR_App_Comparison_Table.pdf
Hast Du zufällig auch Erfahrungen mit den anderen Anbietern?
Viele Grüße,
Gimli
Klar. Zwift ist Top, v.a. was die soziale Komponente betrifft. Dafür gibt es immer wieder mal Verbindungsabbrüche bei den Sensoren.
ROUVY ist ggf. eine gute Alternative. Sobald ich wieder aufs Rad darf, fahre ich erst einmal dort und teste en Detail.
Die echten Welten, kombiniert mit Virtual Reality dürften Dir gefallen.
Am 1. Mai bin ich auf ROUVY Eschborn-Frankfurt gefahren. War cool.
Ich kann echt nicht nachvollziehen was alle an Zwift so geil finden. Erstens alles total künstlich. Alle anderen Anbieter geben sich bei den Welten deutlich mehr Mühe. Dann die Infos. Es gibt drei, vier Kennzahlen, glaube Geschwindigkeit, Wattzahl, Trittfrequenz? und Puls. Mehr nicht. Bei RGT kriege ich RestKilometer und Resthöhenmeter angezeigt und die Landschaft ist viel besser. Auch kriege ich nach jeder Runde die Zeit angezeigt, bei Zwift kannste fahren und fahren, da kriegste gar nix angezeigt, total schrottig. Weil die Infos sind ja alle vorhanden.
Rouvy hatte vor der Redesign die beste Oberfläche von allen, jetzt meinten sie sie müssten sich dem bescheuerten Zwift angleichen. Da sah man auch wieviele KM und HM man noch vor sich hatte.
Aber das ist offensichtlich mit anderen Virtual Cycling Anbietern das gleiche Problem wie mit WhatsApp und Telegram.
Obwohl Telegram definitv viel mehr coole Features hat und ständig weiterentwickelt wird, bleibt jeder bei WhatsApp, weil bei „Telegram ist ja keiner“. Schade das die Leute nicht mal soviel Eier in der Hose haben um einfach mal dennoch bei telegram zu bleiben. Ganz ehrlich: was ist so schlimm dran wenn man nicht soviele um sich rum hat? Zwift ist auch nur virtuell und letztendlich geht es ums Training, quatschen kann man bei keiner virtuellen Plattform.
Ich persönlich finde Zwift grottenschlecht. Ich weiss ich stehe da alleine auf weiter Flur, aber damit habe ich kein Problem.
Die anderen Anbieter geben sich mehr Mühe und man erhält mehr fürs Geld als eine olle langweilige Landschaft mit wenigen Fahrdaten.
Ich stimme Martin zu. Habe RGT, Bkool und Zwift getestet. RGT macht deutlich mehr Spaß als Zwift, mehr Features, bessere Landschaften, realistischeres Fahrgefühl! Allerdings fahre ich auch überwiegend für mich, daher stört es mich auch nicht, wenn nicht so viel „Gruppen“ unterwegs sind.
HI, läuft RGT (jetzt Wahaoo) auch mit dem Tacx Neo 2T?
Danke und Gruße Hubert
Natürlich