Für Gerds Oma erklärt – und für die CDU!
In der Stadtverordnetenversammlung am 30.8.2019 sollte es um nichts Geringeres als das Wohl und Wehe der Verkehrsplanung entlang der Ortsquerung L3001 in Dietzenbach gehen. Deshalb hatte ich kurz zuvor einen offenen Brief an die Stadtverordneten geschrieben,
Seien wir uns bewußt: Weil nur alle 40 Jahre die Verkehrsknoten (Ampelkreuzungen etc.) erneuert werden, wirken die diesjährigen Entscheidungen der Stadtverordneten bis ins Jahr 2059!
In diesem Zusammenhang wird man sich irgendwann fragen, ob Dietzenbach 2019 fortschrittlich entschieden, oder rückwärts gewandt eine Planung abgesegnet hat, die weder der Verkehrswende dient, noch zum Klimaschutz beiträgt. Wir werden uns vorhalten lassen müssen, den Radverkehr nicht sicherer gemacht zu haben, obwohl es eine Steilvorlage gab, wie sie nicht alle 40 Jahre kommt!
Jeder schwer verletzte oder tote Verkehrsteilnehmer (Radfahrer oder Fußgänger), dessen Unfall durch falsche Verkehrsplanung nicht verhindert wird, wird auf unser Gewissen drücken. Auch der Wohnwert unserer Stadt, den alle Parteien, insbesondere auch die CDU, in den letzen 20 Jahren gesteigert haben, wird leiden – aber nur falls wir leichtfertig falsch entscheiden.
Selbst wenn sich die CDU-Fraktion in diesem Artikel in besonderem Maße angegriffen fühlen dürfte, bin ich überzeugt, dass man als Stadtverordneter der CDU, gemeinsam mit anderen Fraktionen bzw. Stadtverordneten, die Vorzugsvariante auf den Weg bringen kann. Die wird Radfahrern und Fußgängern mehr Sicherheit bieten, ohne dem motorisierten Durchgangsverkehr zu schaden. So kommen wir zu einer Win-Win-Win-Situation für alle – selbst für die CDU!
Denkt doch einfach noch einmal darüber nach!
Was wir brauchen – was wir wollen
Damit Dietzenbach mittelfristig vom Wohnwert gegenüber anderen Städten nicht verliert, braucht es u.a. eine moderne und sichere Radverkerhrsinfrastruktur. Unser Ziel muss es sein, das Befahren des Stadtgebietes mit klimaschonenden Verkehrsmitteln möglichst angenehm zu gestalten.
Dabei sollte der Radverkehr vom motorisierten Verkehr getrennt werden, wann immer es baulich möglich ist, ohne die Wegführung für Radfahrer länger und beschwerlicher zu machen. Gleichzeitig müssen wir es vermeiden, Fahrradfahrer zur Sicherheit auf Gehwege zu schicken, selbst wenn es auf freiwilliger Basis geschieht. Die Fußgänger werden es danken.
Dass der motorisierte Individualverkehr dadurch nicht zwangsläufig leiden muss, zeigt das Verkehrskonzept für die L3001, mit seiner Vorzugsvariante. Man muss es nur wollen!
Verkehrsmoloch oder moderne Infrastruktur
Zwei lange Jahre hatten Experten vom „Runden Tisch Radverkehr“ und eines Planungsbüros Verkehrsströme gezählt, Gedanken ausgetauscht und schließlich mit einem Verkehrskonzept aufgewartet, das die L3001 für alle Verkehrsteilnehmer sicherer machen kann, ohne dass irgendwer benachteiligt wird; egal ob Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger. Im Gegenteil!
Leider hält die Dietzenbacher CDU – Stand heute – wenig von dem vorgelegten Experten-Konzept. Stattdessen versuchte die CDU in der Stadtverordnetenversammlung vom 30.8.2019 Änderungsvorschläge zur Abstimmung zu bringen, die das Kfz-lastige Verkehrskonzept der 1970er Jahre für weitere 40 Jahre fortgeschrieben hätte.
Flankiert wurden die von der CDU eingebrachten Änderungsvorschläge von einer Presseerklärung der Partei, die den Wählern mit populistischen Argumenten, Halbwahrheiten und ungestützten Thesen, ein X für ein U vormacht. Vordergründig gibt sich die CDU zwar fahrrad- und klimafreundlich. Primär will man aber nichts am Status Quo ändern.
Selbst die Offenbach Post war kürzlich den fadenscheinigen Argumenten der CDU auf den Leim gegangen. So erschien am 29.8.2019 ein Artikel, der die Argumente der Partei schlicht wiederholte, statt zu hinterfragen.
Was ist an den Argumenten der CDU falsch?
Werden die Interessen von Fahrrad- und Autofahrer gegeneinander ausgespielt?
Nein! Das ist in Dietzenbach glücklicher Weise nicht notwendig. Schließlich schafft es das Verkehrskonzept, die Sicherheit und Schnelligkeit des Radverkehrs entlang der L3001 zu verbessern, ohne den motorisierten Verkehr einzuschränken. Wie? Das erklärt sich aus den nächsten Punkten.
4 Millionen für den Radweg?
Lt. CDU Pressemitteilung plant die Stadt mit zwischen 3 und 4 Mio Euro „für die Reduzierung der Fahrspuren auf der L3001, …, zu Gunsten eines völlig überdimensionierten Ausbaus der bereits bestehenden Fahrradwege.“
Gleichzeitig bezweifelt die CDU, dass es bei 4 Mio EUR bleiben wird.
Subtil unterschlägt die Partei, dass für das Umsetzen der radverkehrsrelevanten Komponenten nur ein geringer Teil des Budgets vorgesehen ist. Schließlich entfällt ein erheblicher Anteil der 3 bis 4 Mio auf Maßnahmen, die mit dem Radverkehr überhaupt nichts zu tun haben. Dazu zählt die Sanierung der 40 Jahre alten Ampelkreuzungen genau wie der behindertengerechte Umbau der Bushaltestellen entlang der L3001. Der ist übrigens gesetzlich vorgeschrieben. Dem Bürger wird von der CDU allerdings vorgegaukelt, dass für Radfahrer Geld aus dem Fenster geworfen wird, das an anderer Stelle besser gebraucht wird. Merkst Du was?
Um nicht komplett auf der bösen Seite der Macht zu stehen, gibt man sich vermeintlich fahrradfreundlich. Schließlich sieht einer der CDU-Anträge vor, „eine alternative Radwegführung entlang der S-Bahn“ zu prüfen. Diese Alternative kostet den Bürger offenbar … nichts? Kaum zu glauben, liebe CDU!
Erhebliche Schwächung der Dietzenbacher Infrastruktur?
So plakativ beschreibt die CDU den Vorschlag, die zweispurige „Stadtautobahn“ zugunsten von Radschutzstreifen zurück zu bauen. Dabei geht es gar nicht darum, die Interessen von Fahrrad- und Autofahrern gegeneinander auszuspielen. Das versucht lediglich die CDU!
Die Vorzugsvariante des vorliegenden Verkehrskonzeptes, die die CDU verhindern will, schafft im Bereich der heutigen „L3001-Stadtautobahn“ die Quadratur des Kreises: Die Verbesserung von Sicherheit und Schnelligkeit des Radverkehrs entlang der L3001, ohne den motorisierten Verkehr einzuschränken (dazu mehr weiter unten). Gleichzeitig wird der Fußgängerverkehr sicherer gemacht, weil keine Radfahrer auf dazu frei gegebenen Gehwegen fahren muss. Übrigens reden wir hier von Gehwegen, die im CDU-Pressetext dreist als „bestehende Fahrspuren“ bezeichnet werden. Ohne Worte!
Diese Quadratur des Kreises ist ein Glücksfall der außerdem den Wohnwert der Stadt erhöht.
Das versteht aber nur, wer das vorliegende Verkehrskonzept verstehen möchte. Die CDU offenbar nicht.
Stattdessen erzählt die CDU die Mähr von der drastischen Verschlechterung der Verkehrssituation – und fast alle fallen darauf rein.
Die Mähr von der drastischen Verschlechterung der Verkehrssituation
Das rote Tuch für die CDU ist der oben erwähnte Rückbau einer „bequemen Straße“ (Originalton, Herr Gieseler Senior) im Rahmen der Ampelkreuzungs-Sanierung der „L3001-Stadtautobahn“, zugunsten eines getrennt von der Fahrbahn verlaufenden Fahrradstreifens je Richtung.
Rückbau zugunsten des Radverkehrs? So etwas hören wir in der letzten Zeit aus vielen deutschen Städten, die in der Verkehrspolitik progressiv denken. Endlich lernt man aus Kopenhagen und Amsterdam. Leider bleibt in Dietzenbach die Lernkurve flach; zumindest 2019.
Für die CDU Dietzenbach bewirkt der Rückbau eine „drastischen Verschlechterung der Verkehrssituation“. Sauber! Das ist ein prima Totschlag-Argument für jeden Benzin-Junkie mit Klappenauspuff genau wie für den SUV-Fahrer. Selbst für Gerds Oma ist das transparent! Sobald sie davon hört, ist sie genauso gegen den Rückbau einer „bequemen Straße“, wie Gieseler Senior das nennt. Hintergrund und Zusammenhänge muss Gerds Oma gar nicht wissen. So was stört nur. Schließlich sticht dieser Verschlechterungs-Trumpf in Händen der CDU immer.
Aber was antwortet die CDU, falls Gerds Oma doch mehr wissen will?
Dann macht sie es sich einfach:
Durch den Rückbau auf einspurige Verkehrsführung, so die CDU, wird eine Hauptstraße mit hervorragendem Verkehrsfluss (Note A) auf Note C verschlechtert, was lediglich noch befriedigend ist. Dass die Kapazitätsgrenze einer Straße bei E liegt und erst ab F von einer Überlastung gesprochen wird, verschweigt die Partei. Das ist doch für den Bürger viel zu kompliziert, denkt man.
Für die CDU steht C übrigens nur für „befriedigend“. Man könnte das auch anders interpretieren.
Die „L3001 Stadtautobahn“, zweispurig für 1200 Kfz pro Stunde konzipiert, ist zu Spitzenzeiten lediglich von 415 Kfz frequentiert! A steht somit für knapp 290%, bzw. dreifach überdimensioniert!
Schauen wir uns nun noch die von der CDU benutzte Terminologie „Verkehrsfluss“ an. Vom Verkehrsfluss der Straße dürfen wir nämlich in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Verkehrstechnisch richtig heißt es „die Kapazität“. Dabei muss man die Kapazität des (Verkehrs-) Netzes betrachten, mit all seinen Strecken und Knotenpunkten. Als wichtigste Regel gilt: die Netzkapazität kann nie größer als die Kapazität der Knotenpunkte sein!
Noch einmal für Gerds Oma: Die Kapazität eines Straßennetzes wird durch die Kapazität der Straßen und ihrer Kreuzungen bestimmt. Hat die Straße eine hohe Kapazität, die Kreuzung aber eine niedrigere, ist die Kapazität der Kreuzung maßgebend. Nicht anders herum! Haben wir hingegen Kreuzungen mit hoher Kapazität und Straßen mit einer kleineren, nützt selbst die beste Kapazität einer Kreuzung (des Knotens) nichts.
Falls Gerds Oma nun immer noch auf dem Schlauch steht, erklärt man es ihr einfach am Beispiel desselbigen:
Gerds Oma möchte ihren Garten bewässern. Wie viel Liter Wasser pro Stunde benötigt werden, weiß sie nicht. Deshalb kauft sie im Baumarkt sicherheitshalber einen Schlauch mit einer Kapazität von 1200 Litern Wasser pro Stunde. Da Gerds Oma den Schlauch permanent im Garten verlegen will, nimmt sie aus dem Baumarkt drei Schlauchschellen mit. So hat sie drei Befestigungsmöglichkeiten für den Schlauch. Dummerweise merkte sie erst zuhause, dass die Schellen zu klein für den Schlauch sind. Die sind nämlich nur für 600 Liter die Stunde vorgesehen. Das macht aber nichts. Schließlich lässt sich der Schlauch durch die Schellen zwängen.
Einfache Logikaufgabe, vierte Klasse Grundschule … von der CDU falsch gelöst?
Nachdem Gerds Oma den Schlauch im Garten verlegt hat, und den Wasserhahn volle Pulle aufdreht, wie viel Wasser kommt pro Stunde im Garten an? 1200 Liter oder 600 Liter Wasser?
Fun Fact am Rande: Ein Gärtner erklärt Gerds Oma hinterher, dass sie für die optimale Bewässerung des Gartens nur 415 Liter pro Stunde benötigt. Mit 1200 Litern wäre ihr Garten gnadenlos abgesoffen. Mit 600 Litern ist sie aber auf der sicheren Seite. Hätte sie den Experten vorher gefragt, wäre beim Kauf des Schlauchs eine Menge Geld zu sparen gewesen. Aber ohne Expertenrat ist man immer erst hinterher schlauer.
Gratulation: Eine bestehende Überkapazität, die nichts bringt?
Genau wie bei Gerds Omas Gartenschlauch geht es der Stadt Dietzenbach bei der zweispurigen L3001. Seit den 1970er Jahren knapp dreifach überdimensioniert, ist die Netzkapazität im Bereich der zweispurigen Verkehrsführung gerade mal C!
Was für ein Blödsinn ist denn das nun wieder?
Nun, ähnlich wie mit Gerds Omas Gartenschlauch verhält es sich mit unserer „L3001-Stadtautobahn“. Die hat zweispurig eine Kapazität von A. Blöd nur, dass die drei Ampelkreuzungen im besagten Bereich jeweils nur eine Kapazität von C haben.
Hat da die CDU nicht aufgepasst? Oder wollte sie nicht?
In der Bestandsanalyse des Verkehrskonzeptes ist das nämlich genau so beschrieben. Und woher weiß CyclingClaude das so genau? Er hat in der Stadtverordnetenversammlung vom 5.12.2018 aufgepasst, als der Geschäftsführer des Planungsbüros Habermehl und Follmann, Herr Hoffmann, diesen Punkt im Detail erklärte – wenn ich mich recht erinnere nach Rückfrage von Herrn Gieseler Senior, der dabei den Begriff „bequeme Straße“ prägte.
Fun Fact am Rande: Wären in den 1970er Jahren statt Ampelkreuzungen Kreisel gebaut worden, hätte die „L3001-Stadtautobahn“ seit 40 Jahren eine Netzkapazität von A statt C. Aber was hätte das gebracht? So viele Autos fahren gar nicht durch unsere Stadt?
Deshalb bleibt letztlich festzustellen: Zweispurig wie einspurig ist die Netzkapazität der L3001 im besagten Bereich C. Nicht mehr und nicht weniger!
Kann die CDU Dietzenbach das Verkehrskonzept nicht richtig lesen?
Nachdem das Kapazitätsthema nun hoffentlich umfänglich ge- und erklärt ist, bleibt die Frage, warum die CDU falsch argumentiert. Hat man die Fakten schlicht vergessen und später falsch interpretiert? Oder wurden von Politik-Profis Nebelkerzen geworfen? Darauf habe ich leider keine Antwort. Aber sicherlich hätte der Politik-Profi beim Planungsbüro rückfragen können. Das hat CyclingClaude vor wenigen Wochen auch getan. Schließlich will man nach einer vermeintlich klugen Aussage, nicht plötzlich dumm aussehen.
Die Stadtverordnetenversammlung inklusive Bürgerfragestunde am 30.8.2019
Davon berichtete die Offenbach Post am 2.9.2019 unter dem Titel „Bitte fördern Sie den Radverkehr“. Es wurde auch geschrieben, dass die von der CDU eingebrachten Änderungsanträge durch Bürgermeister Rogg kfr. von der Tagesordnung genommen worden waren. Über das Warum bzw. weitere Dtails gab es nicht zu lesen. Hätte das die Offenbach-Post-Leser nicht interessiert?
Leider bin ich erst heute in der Lage, auf CyclingClaude über das Warum zu berichten.
Während ich diesen Artikel schreibe, liege ich in der BU Unfallklinik in Frankfurt und erhole mich langsam von der Versteifung meiner Brustwirbel 8 bis 12, die durch den Bruch des 10. Brustwirbels notwendig geworden war. Diese Wirbelversteifung ist eine dauerhafte Folge des Verkehrsunfalls, den ich am 27.8.2019 als Fahrradpendler auf der L3001 in Dietzenbach erleiden musste. Ohne Helm wäre ich wohl gar nicht mehr am Leben. Dass ich nicht im Rollstuhl sitze, ist reinstes Glück. Der Unfall war für mich unvermeidlich. Die Unfallverursacherin in ihrem Kfz hatte mich einfach übersehen. Das kann ich ihr nicht einmal zum Vorwurf machen, schließlich ist uns allen so etwas als Verkehrsteilnehmer schon passiert.
Die Bürgerfragestunde
Bevor ich meine Fragen an die SSV stelle durfte, wurde ich gebeten, mich vorzustellen. Dabei sensibilisierte ich die Stadtverordneten am Beispiel meines Unfalls, für eine sichere Radverkehrsinfrastruktur in Dietzenbach zu Sorgen. Das ist das Allerwichtigste überhaupt. Ein Helm, erklärte ich der SVV, kann Unfallfolgen mildern, aber keine Unfälle vermeiden.
Jeder Verkehrsexperte weiß, dass Straßenverkehr nur sicherer wird, wenn Fußgänger-, Rad- und motorisierter Verkehr von einander getrennt sind!
Auch das gab ich den Stadtverordneten mit auf den Weg, wofür mich die Stadtverordnetenvorsteherin Christel Germer, CDU, tadelte. Schließlich soll bei einer Bürgerfragestunde keine Rede gehalten werden. Nun denn.
Meine Fragen an die CDU, abgeleitet aus deren Pressemitteilung
Frage 1
Warum benötigt Dietzenbach überdimensionierte, zweispurige Straßen der Kapazität A, wenn Kapazität B, in Stoßzeiten C, ausreicht?
Frage 2
Eine einfache Logikaufgabe: Wenn die Verkehrsknoten eine Durchlasskapazität von C haben, und die zugehörige Straße hat A, wie hoch ist dann die Kapazität insgesamt? A oder C?
Frage 3
In der PM der CDU war zu lesen, dass eine Herabstufung des Verkehrsflusses auf C nicht in Kauf zu nehmen sei, weil das Staus zu Stoßzeiten, höhere Lärmbelästigungen und höhere Emissionen erzeuge. Wie passt das zusammen, wenn wir heute gar nicht A, sondern C haben?
Frage 4
Wird durch die Einspurigkeit nicht ggf. weniger Lärm erzeugt, als wenn sportliche Kfz mit offenen Klappenauspuffanlagen auf der Stadtautobahn zwischen den Ampelknoten links und rechts überholen?
Frage 5
Wie viel der genannten 4 Millionen Budget entfallen auf den Rückbau der Fahrspur nebst neuer Radinfrastruktur, wie viel auf das zwingende Erneuern der Ampelknoten und dem behindertengerechten Ausbau der Bushaltestellen? Bzw. wie viel von den 4 Millionen braucht man für den Rückbau der Fahrspur und das Anlegen einer sicheren Radverkehrsinfrastrukutur.
Die Antworten der CDU wurden von Herrn Gieseler Junior gegeben
Antwort zu Frage 1
Das sei keine Zahl die man selbst ausgedacht habe. Sie stehe so in dem Gutachten drin. Deshalb habe man sie aufgegriffen.
Antwort zu Frage 2
Keine! Die Frage wurde ignoriert.
Antwort zu Frage 3
Warum mehr Lärm und Emission: Freie Straßenfläche, vorausgesetzt die Geschwindigkeit wird eingehalten, bedeute gleichmäßig fließender Verkehr. Damit sei die Lärmbelästigung geringer als bei einem stehenden Verkehr.
Je zähflüssiger der Verkehr sei, desto mehr Lärm und Emissionen gäbe es. Ein stehender Wagen an einer Ampel habe eine längere Verweildauer und produziere mehr Lärm als wenn er über eine Ampel hinweg fährt.
Antwort zu Frage 4
Man gehe davon aus, dass vorgeschriebene Geschwindigkeiten eingehalten würden. Das sei aber nur eine These.
Antwort zu Frage 5
Herr Gieseler Junior bat um Nachsicht. Die Frage der Zahlen sei heftig debattiert gewesen und Zahlen generell schwer zu ermitteln. Bei der Gesamtmaßnahme von rund 4 Mio EUR entfiele aber ein signifikanter Anteil auf Bushaltestellen; sicherlich ein Millionenbetrag.
Der CDU ginge es aber nicht darum ob 2, 3 oder 5 Mio EUR ausgegeben würden.
Das Gutachten (meine Anmerkung: das Verkehrskonzept) wurde gemacht, unter Erwähnung aller Verkehrsteilnehmer, habe aber Lücken bei den erfassten Teilnehmerzahlen. Das sei eine Kritik der CDU.
Außerdem sei die Komponente Sicherheit subsidiär (also behelfsmäßig) behandelt worden. Das Gutachten habe viel zur Beschleunigung und Flüssigkeit des Radverkehrs geschrieben, die Sicherheit sei aber nicht genug ausgeleuchtet worden.
Deshalb habe man einen Antrag gestellt, eine andere Routenführung zu wählen, die ähnlich schnell sei, aber sicherer. Die Radverkehrsführung in der Vorzugsvariante sei, ob des erheblichen Verkehrsflusses, nicht optimal.
Die CDU glaube aber auch, dass wir was für den Radverkehr tun müssen.
Bereits als Herr Gieseler Junior die Schlüsselfrage (Frage 2) links liegen ließ und Frage 3 versuchte zu beantworten, hob ich die Hand und bat um Beantwortung der zweiten Frage. Oberlehrerhaft wurde ich von der Stadtverordnetenvorsteherin Christel Germer (CDU) ermahnt. Ich habe keine weiteren Fragen zu stellen, hieß es.
Nachdem Herr Gieseler ingesamt geendet hatte, hob ich erneut meine Hand. Die CDU sei angesprochen gewesen, erwiderte Frau Germer, und habe geantwortet. Selbst wenn die CDU nicht alle Fragen beantwortet habe, sei jetzt der nächste Bürger an der Reihe.
Danach traten weitere Mitbürger ans Mikrofon. Einer hatte nur ein längeres Statement, aber keine Frage. Wurde dieser Bürger von Frau Germer ermahnt keine Rede zu halten? Nein.
Fünf Minuten vor Ende der Bürgerfragestunde stellte Frau Germer fest, dass es keine weiteren Bürgerfragen gab. Ich meldete mich erneut.
Um Fassung ringend wollte sie mir zunächst kein Rederecht einräumen. Ich bestand aber darauf. Schließlich hatte sie mir nur verboten, weitere Fragen an die CDU zu stellen. Ich wollte meine Frage 2 jetzt aber bei einer anderen Person platzieren; bei Bürgermeister Rogg. Während die sonst so gefasst und professionell wirkenden Stadtverordnetenvorsteherin nach Argumenten rang, um mich abzuweisen, entgleisten kurz ihre Gesichtszüge.
Dann durfte ich doch nach vorne kommen und formulierte erneut meine o.a. Frage 2.
Noch bevor Bürgermeister Rogg antworten konnte, übernahm Herr Gieseler Junior das Wort.
Antwort Herr Gieseler Junior auf meine Frage 2
Er gäbe mir recht, sagte er, dass das unlogisch erscheine. Im Gutachten gäbe es aber diese Feststellung. Deshalb sei das so. Auch er, Gieseler, erkenne Ungereimtheiten, gehe aber davon aus, dass die Dinge im Gutachten haltbar seien.
Er erkläre sich das mit der Kapazität A aber folgendermaßen: Es gäbe weit auseinander liegende Kreuzungen, kombiniert mit einer grünen Welle, wo es zu Stockungen käme, wenn sich Verkehrsteilnehmer nicht an die Geschwindigkeit halten würden … aber sonst … Allerdings sei das nun eine These …
Während Gieseler Junior sich weiter ergoß und dabei hüstelte, weil er wohl selbst nicht mehr so sicher war, schaute ich Bürgermeister Rogg an. Der wiederum blickte in Richtung des immer noch zusammenhanglos sprechenden CDU-Fraktionsvorsitzenden und schüttelte eine Weile den Kopf. Dann antwortete Bürgermeister Rogg in Richtung Gieseler: „Nein, die Antwort ist C“. Herr Gieseler stammelte noch „nein, es ist A, es ist A“, während ich das Rednerpult verlies.
Die Stadtverordnetenversammlung begann. Herr Bürgermeister Rogg bat direkt darum, das Wort ergreifen zu dürfen. Er informierte alsdann über eine Änderung der Tagesordnung. Die Vorlagen 10 und 11, die die CDU zur Änderung des Verkehrskonzeptes eingebracht habe, wären von der Tagesordnung gestrichen. Als Grund nannte der Bürgermeister „Verdauungs- und Verständnisprobleme“ in einer der Fraktionen.
Zunächst bin ich zufrieden! Dietzenbach ist noch nicht verloren!
Am Freitag, dem 27.9.2019 geht es in die nächste, die entscheidende Runde. Die CDU, gemeinsam mit der AfD und einigen wenigen anderen Stadtverordneten können damit eine sichere, schnelle und zukunftsfähige Radverkehrsführung in Dietzenbach verhindern. Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt!
Falls Stadtverordnete der Stadt Dietzenbach, egal welcher Fraktion, vor der Sitzung mit mir einen Austausch suchen, bin ich dazu gerne bereit, selbst wenn es in den kommenden Tagen bei mir zu einer zweiten Wirbelsäulen-OP kommen sollte. Meine Kontaktdaten stehen im Impressum. Dass so ein Austausch unter uns bleibt, versteht sich von selbst. Das Angebot gilt natürlich auch für Herrn Gieseler Junior.
Meine Bitte zum Schluss: Seien Sie als Stadtverordnete in so einer wichtigen Frage Ihrem Gewissen verantwortlich. Unterwerfen Sie sich nicht einem Fraktionszwang. Eine bessere Radinfrastruktur hilft, Menschen zum Radfahren zu bewegen. Das bringt mittelfristig mehr Nachhaltigkeit. Das bedeutet weniger motorisierten Verkehr, weniger Emission, einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz. Generell: Denken Sie an unsere Kinder und Enkel, die in Dietzenbach wohnen, mit dem Rad zur Schule oder zu Freunden wollen, aber auch an alle Fahrradpendler die in unserer Stadt wohnen, oder sie zweimal werktäglich durchfahren müssen. Denken Sie an eine lebenswerte Zukunft. Vielen Dank!
Update 1 vom 16.9.2019
Vielleicht sollte die CDU Dietzenbach lesen, was die Bundes-CDU kürzlich bezüglich „Grundsätze Mobilität der Zukunft“ veröffentlicht hat.
Pendler müssen sicher und zügig voran kommen, auch mit dem Rad. Da genügt es nicht, auf untergeordneten, teils geschotterten Wegen, entlang der Bahn geleitet zu werden. V.a., Berufspendler wird man damit nicht überzeugen können.
Update 2 vom 16.9.2019
Dass mich die Stadtverordnetenvorsteherin wie einen Schuljungen behandelte, erwähnte ich schon. Offen gestanden fühlte ich mich nicht Ernst genommen.
Wer in einer Bürgerfragestunde eine aktive Teilnahme der Bürger fördern möchte, sollte mal darüber nachdenken, ob man in Dietzenbach damit auf dem richtigen Weg ist.
Offen gestanden habe ich nach meiner Erfahrung aus der letzten SVV wenig Lust, noch einmal Fragen zu stellen. Mir geht es dabei gar nicht um das Thema „Reden halten“. Aber wenn ein Fraktionssprecher die allerwichtigste Frage übergeht und man keinerlei Antwort einfordern darf, warum lädt man die Bürger überhaupt erst ein?
Aber bin ich vielleicht zu empfindlich? Habe ich die netten Maßregelungen der Stadtverordnetenvorsteherin nur in den falschen Hals bekommen? Offenbar nicht.
Lieber Claude,
ich drücke dir und Dietzenbach die Daumen. Unglaublich, dass diese Partei es schafft, die Augen derart vor der Realität und den Anforderungen der Zukunft zu verschließen.
Dir drücke ich die Daumen für die nächste OP!
Gruß aus Berlin,
Andreas
Diese Partei ist unsäglich. Nur Augenwischerei. Aber die Bevölkerung steht zu einem Großteil hinter der CDU. Schließlich ist der Wegfall einer Fahrspur vor allem eins; ein emotionales Thema. Ist man als Partei dagegen, kann man super punkten.