22.9.2019
Ein sonniger Sonntag. Perfektes Fahrradwetter, zumindest bei uns in der Gegend. Ich bin schon seit fünf Uhr wach. Nach gerade einmal vier Stunden Schlaf hielt mich nichts mehr im Bett. Aber auch im Wohnzimmer ist es nicht sonderlich gut. Sitzen kann ich nicht allzu lange, geschweige denn, konzentriert an etwas arbeiten. So viel Zeit wie ich jetzt habe, könnte ich jeden Tag fünf Artikel schreiben. Dafür fehlt mir aber Kraft, Muße und Konzentration. Stattdessen tigere ich in der Wohnung auf und ab.
Der gestrige Tag war vom Schmerzniveau besser – bis in den Nachmittag hinein. Dann ging es wieder mit den Messerstichen los. Verdammt. Ich hoffe, das hört bald auf.
Aber es geht nicht allen so schlecht wie mir. CyclingOlli fährt gerade in Mailand ein Rennen. Geil! Und nachher darf er zu Santini ins Werk. Ich bin gespannt, was er erzählen wird.

21.9.2019
Gestern war der bisherige Tiefpunkt … seit Entlassung aus dem Krankenhaus.
Mein Freund Besi sprach immer von Messerstichen, die einen unerwartet bei einer Bewegung treffen können. Die hatte ich gestern. Hunderte.
Morgens ging es mit dem Bus nach Dreieich-Götzenhain, zur Physio. Bereits beim Ankleiden hatte ich die Stiche verspürt und so war der Weg zum Bus eine Tortour, wie auch die Busfahrt selbst. Zu Fuß war ich nur halb so schnell, wie die Tage zuvor, als ich wie eine 80jährige Oma über den Bürgersteig gewackelt war. Gestern eierte ich rum, wie ein 110jähriger Fußgänger.
Wieder zuhause verbrachte ich die meiste Zeit liegend auf der Couch. Später im Bett war das Einschlafen eine schlimmere Tortour als in den Nächtne zuvor. Zum Glück hat Martin Moschek von BikeTour-Global eine sonore Stimme. Trotz interessantem Podcast #5 war ich irgendwann weg gedöst.
Heute früh geht es mir etwas besser. Allerdings ist die Bewegungsfähigkeit sehr eingeschränkt. Es Bedarf einer gewissen Akrobatik, in die Unterhose zu steigen und Socken anzuziehen. Zum Glück habe ich etwas Hilfe vom Sohnemann. Luisa, meine Frau, ist nämlich leider in trauriger Angelegenheit in ihrem Heimatland. Viel Kraft dafür, meine Liebe.
Jetzt wackele ich erst einmal die 500 Meter zum Einkaufszentrum. Vielleicht hat der Sportladen noch irgendwelche Jogginghosen im Angebot, bevor der Laden endgültig schließt. Mit Jogging- oder irgendwelchen Sporthosen bin ich nämlich schlecht ausgestattet. In eine Jeans komme ich momentan aber kaum selbständig rein, geschweige denn wieder raus.
Zum Glück läuft CyclingClaude aber auch ohne CyclingClaude. Mein Bruder, CyclingOlli, ist gerade nach Mailand gereist, um an einem Rennen teilzunehmen. Ein Besuch von Santini ist auch noch geplant. Und unser „Resort-Leiter“ MTB, Michael ist in der Toskana unterwegs. Diesmal aber mit dem Rennrad. Ich denke, wir sollten bald mal einen Podcast zu Radfahren in Italien aufnehmen. Die beiden haben sicher einiges zu erzählen.
20.9.2019
Was ist das Schlimmste am ganzen Tag? Die Nacht. Abends im Bett ist der Horror. Auf dem Rücken liegend zwicken die geklammerten Nähte, was unangenehm ist. Aber ich kein Rückenschläfer und kann so kaum einschlafen. Drehe ich mich auf die linke Seite (rechts ist der Schlüsselbeinbruch), reißt und zieht es beim Drehen hinten in den Nähten. Ist es erst einmal geschafft, spüre ich seitlich liegend immer noch Zug an den Wunden. Auch das Drehen von der Seite auf dem Bauch ist unangenehm. Doch so liegt es sich am besten, für ein paar Minuten jedenfalls. Bin ich dann noch nicht eingeschlafen, fängt das mühsame Drehen von vorne an. Morgens bin ich gerädert. Spätestens um sechs werde ich wach; immer noch hundemüde. Dann geht die Dreh-Orgie von vorne los. Ich bin gespannt, ab wann das besser wird.
Gleich geht es zu meiner zweiten Sitzung bei CoreCare Physio. Dominique nimmt sich wieder meiner HWS an. 🙂
19.9.2019
Ca. 8000 Schritte, was 6 km entsprechen soll, zeigt die Apple Health App für heute. Ganz o.k. Aber morgen müssen es wieder an die 10.000 Schritte werden. Beim Gehen und Laufen habe ich, wie schon früher erwähnt, die geringsten Schmerzen. Busfahren quält hingegen. Mit dem Bus war ich in Götzenhein, bei CoreCare Physio, für meine erste Anwendung. Das Lösen meiner Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule ist primäres Ziel der ersten Sitzungen. Danach wird sicher zügig mit der Mobilisierung der rechten Schulter begonnen. Das Schlüsselbein scheint nämlich zufriedenstellend zu heilen.

Jens Schneider, mein Freund und Anwalt, hat derweil mein Litepeed Cherohala zum Gutachter gebracht. Ich bin gespannt, was dabei raus kommt.
Jens ist nicht nur ein guter Radsportler und Fachanwalt für Versicherungsrecht. Er kennt sich auch mit dem Thema Schmerzensgeld aus. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat im Berufungsurteil vom 18,10.2018, Az. 22 U 97/16 erstmals eine neue Berechnungsgrundlage für Schmerzensgeldforderungen bestätigt, schreibt Jens auf seiner Website. Manchem Unfallopfer könnte in Zukunft ein gerechteres Schmerzensgeld zustehen. Ich bin gespannt … auch wegen mir.
18.9.2019
Heute war ich faul. Nur knapp 6500 Schritte. Gestern waren es fast doppelt so viele.
Im Gehen habe ich die wenigsten Schmerzen. Im Liegen auf dem Rücken hingegen die meisten.
Hier ein Blick aus dem Fahrzeug meines Freud und Anwalts Jens. Das ist die Sicht aus dem Fahrzeug, das mir die Vorfahrt nahm. Rechts ist eine Kuppe, die es schwer macht, den Verkehr aus dieser Richtung frühzeitig zu sehen. Ich kam von links. Der Rest ist bekannt.
17.9.2019
Heute würde ich Champagner saufen … nähme ich keine Medikamente! Warum? Ich bin zuhause. 🙂
Heute früh kam Professor Kandziora zur Visite und überbrachte die gute Nachricht persönlich. Es muss keine zweite OP geben, um den Wirbelbruch zu stützen. Trotzdem kann das Metall, das fünf meiner Rückenwirbel versteift, in sechs bis neun Monaten wieder entfernt werden.
Entsprechend grinste ich auf dem Rücktransport nachhause.

Kaum zuhause ging es zum D-Arzt. Ich darf zwar erst nach Ausheilung der Wirbelversteifung in die ambulante Reha marschieren, aber Physiotherapie für die anderen Verletzungen sind jetzt schon möglich.
Zu Fuß ging es zu Dr. Roos. Immerhin 2,2 km, entlang der Stadtautobahn. Aus Fußgängersicht sieht man, wie schlecht es ist, auf den Bürgersteigen Radverkehr frei zu geben. Wir brauchen Radschutzstreifen und den Rückbau der zweiten Fahrspuren in dem Bereich.

Übrigens sind viele Dietzenbacher Bürger, die auf Facebook unterwegs sind, gegen den Rückbau der unnützen zweiten Fahrspur. Unnütz deshalb, weil die Kapazität der einspurigen Verkehrsführung genauso hoch bleibt. Eine Autospur verschwinden zu lassen, ist offenbar ein sehr emotionales Thema.
16.9.2019
Tag 7 im Krankenhaus. Gestern Abend hatte ich große Schmerzen. Die Schmerzmittel waren halbiert worden und abends reichte einfach die Dosis nicht. Zum Glück konnte die nette Nachtschwester helfen.
Heute früh lagen wieder 4×2 statt nur 4×1 Tabletten im frisch aufgefüllten Tagesmedikamentenportionierer.
In der Früh musste ich zur CT. Auf Basis der Bildgebung will man entscheiden, ob eine zweite OP gemacht werden kann. Der Eingriff würde über die linke Seite erfolgen und kann den 10. Brustwirbel in sich aufbauen. Falls das geht, können die Verschraubungen der Wirbel 8 bis 12 nach etwa einem halben Jahr wieder raus. Damit bliebe die Wirbelsäule nur in einem kleinen Bereich um den 10. Brustwirbel steif. Erfolgt diese zweite OP nicht, bleibt die große Versteifung dauerhaft.
Mal ehrlich, ich kann es mir derzeit nicht vorstellen, mit so einer Versteifung richtig gestreckt Rennrad fahren zu können. Der Bereich ist einfach viel zu groß, wie ich finde.

Leider kam bis 16 Uhr kein Arzt vorbei. Auf Nachfrage hieß es, dass die morgige Chefarztvisite Klarheit bringen sollte.
Falls keine zweite OP infrage kommt, kann ich nachhause und hoffentlich sofort mit ambulanter Reha beginnen.
Hier im Krankenhaus trainiere ich auch. Aber für mich alleine. Das freihändige Treppenlaufen klappt schon hervorragend.
Morgen wissen wir mehr!
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Hallo Claude,
schön zu lesen dass du wieder zu Hause bist und keine zweite OP nötig ist!
Ich verfolge seit deinem Unfall das Geschehen ein wenig und die Bilder von den OP Wunden schlugen bei mir ein wie ein Blitz, das war keine Kleinigkeit mehr.
Wer selbst viel mit dem Rad unterwegs ist kann hier noch deutlich besser mitfühlen, es könnte ja jeden von uns jeden Tag erwischen – brenzlige Situationen gibt es ja viel zu oft. Da bin ich schon sehr froh dass mein Arbeitsweg im ländlichen Gebiet auf 90% gut ausgebauten Radwegen verläuft.
Ich wünsche dir auf jeden Fall eine vollständige Genesung, natürlich lieber rasch als langsam – aber ich denke die Zeit muss man seinem Körper einfach geben. Mit etwas Glück geht’s dann ja schneller als erwartet! 🙂
Alles Gute
Manfred
Vielen Dank Manfred. Mein Arbeitsweg geht auch zum großen Teil über Radwege, aber raus aus Dietzenbach und rein nach Neu-Isenburg, bzw. umgekehrt, darum komme ich nicht rum.
Ich war nicht schuld und so ist der Schaden abgedeckt, auch der körperliche. Fällt man aber selbst auf die Nase, ist es schnell kritisch, vielleicht auch finanziell. Denke jetzt darüber nach, eine Unfallversicherung abzuschließen.