… oder zurück in die Vergangenheit?
Dieser Beitrag ist ein offener Brief an die Stadtverordneten der Stadt Dietzenbach, gleichzeitig aber Bürgerinformation, damit man weiß, wo man dran ist, und sich nicht von der CDU Dietzenbach ein X für ein U vormachen lässt.
Dietzenbach hat ein Konzept!
Dietzenbach hat ein „Verkehrskonzept“ bzw. Planungskonzept für die Ortsdurchfahrt L3001; ein überraschend gutes sogar!
Heute, am Freitag, dem 30.8.2019 hat die Dietzenbacher Stadtverordnetenversammlung die Wahl: Entweder entscheidet man sich für ein zukunftstaugliches Konzept, das dem Kfz-Verkehr nicht schadet, aber der Verkehrswende, dem Klima und dem Radverkehr dient, oder man führt die radverkehrsverachtende und klimaschädliche Verkehrsplanung der 1970er Jahre fort; und zwar für die nächsten 30 bis 40 Jahre! Friday for future? Oder doch ein Freitag der ewig gestrigen?
Das Konzept
Vorgestellt wurde das Planungskonzept in der Stadtverordnetenversammlung am 5.12.2018 durch den Geschäftsführer des Planungsbüros Habermehl und Follmann, Herrn Hoffmann. Dass das Konzept Hand und Fuß hat, dafür sorgte auch der Runde Tisch Radverkehr, dem neben Bürgermeister Rogg auch der örtliche ADFC und die Seniorenhilfe angehört. Dass der örtliche Radsportclub nicht eingebunden ist, habe ich öfter kritisiert, tut aber nichts zur Sache. Schließlich ist man auch ohne die Radsportler zu einem guten Ergebnis gelangt.
Gut ist es, weil es fahrradfreundlich ist, ohne den Kfz-Verkehr einzuschränken – genau wie man es sich für eine moderne Stadt vorstellt, die zur Verkehrswende und zum Wohl ihrer Bürger beiträgt.
„Stadtautobahn“
Hauptdiskussionspunkt ist der Rückbau der vierspurigen „Stadtautobahn“ die auf der L3001 zwischen dem Kreisel am Rathaus/Hessentagspark bis zum „Altstadtkreisel“ mit der Weltkugel führt.
Dieser Rückbau wird von CyclingClaude schon seit Jahren gefordert. Warum? Schwerpunktmäßig in den Hauptverkehrszeiten, generell aber am ganzen Tag, wird der vierspurige Abschnitt dazu genutzt, sich mit dem Auto zwei, drei oder vier Positionen nach vorne zu kämpfen. Das geschieht durch ständigen Spurwechsel, v.a. vor den Ampelanlagen. Dabei werden nicht nur Radfahrer gefährdet, sondern es wird auch oft mit überhöhtem Tempo gefahren. Sonst könnte man ja nicht überholen. Der fest aufgebaute Blitzer nutzt dabei übrigens gar nichts, weil er bekannt ist. Vor und nach dem Blitzer wird gerast und links wie rechts überholt, wo es einem gerade am schnellten vorkommt.
Übrigens nehme ich mich als Autofahrer dabei gar nicht aus. Die „Stadtautobahn“ animiert einfach zu solch einem Verhalten.
Heute bekommt der Radverkehr in dem Abschnitt als Alternative die Mitbenutzung des Bürgersteigs angeboten. Wer die Bürgersteige in Dietzenbach befahren kennt, weiß wie holprig sie sind und wie langsam man voran kommt. Schließlich darf man auf einem für den Radverkehr frei gegebenen Bürgersteig maximal 7 km/h schnell fahren und muss Rücksicht auf die schwächsten Verkehrsteilnehmer, die Fußgänger, nehmen.
Moderner Radverkehr rollt heute aber mit 20 bis 30 km/h, v.a. auch durch die immer populärer werdenden E-Bikes. Als Rennradler bin ich sogar mit 35 bis 45 km/h auf der „Stadtautobahn“ unterwegs.
Der Ist-Zustand auf Dietzenbachs „Stadtautobahn“, aber auch generell, degradiert Radfahrer zu Verkehrsteilnehmern zweiter Klasse und animiert in keiner Weise zum Umstieg von Auto auf das umweltfreundliche Fahrrad.
Wer gegen den Ausbau von Radinfrastuktur ist, will keine Verkehrswende!
Eine Verkehrswende brauchen wir. Dringend! Dass wir ein Problem mit der Erderwärmung uns seiner Folgen haben, wissen wir nicht erst seit dem Tornado, der kürzlich über Dietzenbach gewütet hat.
Nur wenn innerstädtischer Radverkehr attraktiv ist, wechseln die Menschen auf der Kurzstrecke vom Auto auf das Rad. Das dezimiert nicht nur C02 und Luftschadstoffe sondern erhöht den Lebenswert einer Stadt. Dass man bei zurück gehender Kfz-Nutzung auch weniger Parkplätze braucht, versteht sich von selbst, ist als nicht beklagenswert!
Matchball
Mit dem vorliegenden Verkehrsplanungskonzept hat die Stadverordnetenversammlung heute einen Matchball, den sie verwandeln kann.
Spiel, Satz und Sieg Dietzenbach, auf dem Weg zu einer modernen, bürgerfreundlichen Stadt. Zu schön um wahr zu sein, schließlich gibt es mit der CDU eine Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, die durch Populismus und und geschickte Desinformation bei den Bürgern punkten will. So versucht man, wider besseren Wissens, den Rückbau der Stadtautobahn zu verhindern, was der CDU zusammen mit der AfD und anderen Fraktionen heute gelingen dürfte.
Eine einmalige Chance wird fahrlässig vertan!
Die Sache mit der Kapazität
Die Verkehrsplaner haben den Verkehr im Bereich der Stadtautobahn an den vier im Bereich befindlichen Knoten (3x Ampel, 1x Kreisel) gezählt.
Morgens wurde am „Knoten 3“ in Spitze 380 Kfz in die eine und 390 Kfz in die andere Richtung gezählt. Abends waren es am gleichen Tag 400 bzw. 415 Kfz. Die Zahlen beziehen sich auf den „Geradeausverkehr“.
Die Kapazität einer Straße, sowie der Knoten, wird durch die Buchstaben A bis F ausgedrückt, wobei A-D als leistungsfähig gilt, E die Kapazitätsgrenze bezeichnet und F für Überlastung steht.
Im Status-Quo, vierspurig, hat die „Stadtautobahn“ eine Kapazität von A, selbst in den Morgen- und Abendspitzen. Zweispurig wäre es „nur noch“ B, bzw. C in den Hauptbelastungszeiten. Selbst D wäre aber noch leistungsfähig genug. Heißt, der vierspurige Verlauf ist bei weitem überdimensioniert. Wenn ich mich recht erinnere, hat es bei der Präsentation im Dezember geheißen, die vierspurige „Stadtautobahn“ habe eine Kapazität von bis zu 1200 Kfz, bevor sie an ihre Kapazitätsgrenze stößt! Braucht es das?
Aber was nützt die hohe Leistungsfähigkeit einer Straße, wenn die Knotenkapazität alles kaputt macht?
Knotenkapazität
Die Kapazität einer Straße hängt nicht nur von der Anzahl der Fahrspuren ab. Wichtiger ist die Ausgestaltung der Knoten.
Die drei Knoten mit Ampelanlage der „Stadtautobahn“ haben eine Kapazität von C – und zwar unabhängig davon, ob es vier oder nur zwei Spuren gibt. Das gilt auch für die Hauptverkehrszeiten. Die Kapazität A der heutigen Fahrspuren ist also komplett irrelevant.
Lediglich beim Knoten mit dem Kreisel wird eine Knotenkapazität von A erreicht … die es eigentlich gar nicht braucht.
Bei einem Rückbau der „Stadtautobahn“ bei gleichzeitigem Umbau der drei Ampelanlagen zu Verkehrskreiseln, kann die Knotenkapazität von heute C auf A erhöht werden.
Vier Verkehrsknoten mit Kapazität A, plus je einer Spur in jede Richtung mit Kapazität B (C in Stoßzeiten) ist nicht schlechter zu bewerten als eine vierspurige Straße mit Kapazität A, deren Durchfluss durch die Ampelanlagen auf C reduziert wird!
Merke: Beim vorliegenden Planungskonzept kann bei gleich bleibender Kapazität ein Rückbau der Spuren erreicht werden, ohne dem Kfz-Verkehr zu schaden – zugunsten von Radwegen, die den Radverkehr bequem, schnell und sicher macht!
Wo ist also das FUCKING Problem der CDU Dietzenbach?
Aus Sicht der CDU ist es wenig verständlich in dieser Gemengelage eine Schwächung der Infrastruktur (Herabstufung des Verkehrsfluss auf „C“) in Kauf zu nehmen. Durch die vorgeschlagene Maßnahme provoziert die Verwaltung Staus zu Stoßzeiten, die damit verbundene Zunahme der Schadstoffemission und der Lärmbelästigung sowie eine weitere Belastung der Nebenstrecken durch die Wohngebiete.
Quelle: Pressemitteilung der CDU Dietzenbach
Welch dreiste Augenwischerei der CDU. Wie wir oben gelernt haben, ist eine „Herabstufung“ des Verkehrsflusses auf C (merke: E bezeichnet die Kapazitätsgrenze und erst bei F spricht man von Überlastung) kein Problem, wenn man gleichzeitig die Kapazität der Knoten von C auf A erhöht.
Es gibt als durch den Rückbau in keinster Weise eine Erhöhung der Schadstoffemission und der Lärmbelästigung. Wir sprechen von einem gleich bleibenden Verkehrsaufkommen. Der Durchfluss wird nicht langsamer sein. So steigen die Emissionen nicht. Selbst wenn man langsamer voran käme, stießen die Kfz nicht noch mehr Emission aus.
Von einer höheren Lärmbelästigung kann ebenfalls keine Rede sein. Im Gegenteil. Heute donnern die Pröll-Autos mit offenen Klappenauspuffanlagen vierspurig durch die Stadt, was beim Überholen eine Menge Lärm bereitet. Wenn die Spakos auf der zweispurigen Straße nicht überholen können, wird es leiser. Garantiert.
Die CDU Dietzenbach zweifelt an, dass es bei den geplanten knapp vier Millionen Euro Baukosten für das gesamte Projekt bleiben wird.
Quelle: Pressemitteilung der CDU Dietzenbach
Da mag die CDU durchaus recht haben. Aber sie betreibt mit der Aussage wieder übelste und Bürger verdummende Augenwischerei. Die Hauptkosten des Projekts fallen auf die Erneuerung der über vierzig Jahre alten Ampelanlagen an. Da kommt man nicht drum herum, egal ob es zwei oder vier Spuren sind. Gleiches gilt für den gesetzlich vorgeschriebenen, behindertengerechten Ausbau der Bushaltestellen. Auch der Ausbau muss zwingend erfolgen und kostet Geld.
Letztendlich entfallen von den“knapp vier Millonen“, von denen die CDU spricht, nur etwa 74.000 EUR auf den Rückbau der Straße, zugunsten eines sicheren Radverkehrs!
Lieber Mitbürger, merkst Du was? Oder um den alten Werbespruch zu gebrauchen: „Lass Dich nicht verarschen!“
Wir halten die Umbaupläne für nicht hinnehmbar und plädieren für einen gemäßigten und vernünftigen Ausbau der Radwege der nicht in Konflikt mit dem restlichen Straßenverkehr steht und die finanzielle Vernunft wahrt …
Quelle: Pressemitteilung der CDU Dietzenbach
Gemäßigter Ausbau der Radwege soll vernünftig sein, liebe CDU? Seid Ihr von gestern? Oder doch von vorgestern? Selbst Frau Merkel hat die Zeichen der Zeit erkannt und Bundesverkehrsminister Scheuer tut wenigstens so. Die Aussage, dass das vorliegende Konzept im Konflikt mit dem restlichen Straßenverkehr steht, ist falsch und das Thema „finanzielle Vernunft“ augenwischerei, weil der Löwenanteil der Kosten sowieso anfällt.
Meine Bitte an die Stadtverordneten aller Fraktionen: Macht Radverkehr in Dietzenbach endlich sicher. Sorgt dafür, dass man in Dietzenbach gerne Fahrrad fährt. Das erhöht die Lebensqualität der Stadt.
Außerdem bitte ich inständig, Teile des Konzeptes sofort agil umzusetzen. Piktogramme auf der Fahrbahn der Klagemauer kosten wenig Geld und könnten sofort aufgemalt werden. Hätte man das gleich nach Vorstellung des Konzepts getan, würde ich diesen Text vielleicht nicht einhändig, mit Schlüsselbeinbruch, angebrochenem Brustwirbel und vielen Prellungen schreiben müssen.
In Frankfurt, Offenbach und überall in Deutschland wird man wach. Schaut ins Ausland, in die Niederlande, nach Dänemark, nach Schweden … dann wisst Ihr, welch hanebüchene, bürgerverachtende Verkehrspolitik durch die CDU Dietzenbach propagiert wird.
Sei nicht wie die CDU. Trau‘ Dich was und sei kein ewig gestriger!
Euer CyclingClaude aus Dietzenbach
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