Bikebeat Überflieger Pro Disc
Vor einiger Zeit habe ich in einen Bericht über Carbon Laufräder von Bikebeat gelesen und wollte die dann selbst mal testen. Leider hat das im Juni für die Südtiroler Radsporttage nicht geklappt, aber vier Wochen später kamen sie dann hier bei mir am Gardasee an.
Erster Eindruck: Leicht und irgendwie sehen sie gebraucht aus. „Doch genau darum geht’s“, erklärt mir Philipp Kielwein, der seit Anfang an bei Bikebeat mit an Bord ist. „Wir müssen keine Fehler mit Lack kaschieren, bei uns gibt es nämlich keine Fehler!“ Als der 34jährige anfängt vom Herstellungsprozess zu sprechen, leuchten seine Augen. Ich nehme Philipp ab, dass Qualität für ihn keine der üblichen Phrasen ist, die jeder Hersteller für sich beansprucht. Durch die Verwendung eines Patent von Airbus aus der Aerospace-Technik werden die Carbonfäden maschinell exakt gewickelt bzw. geflochten und nicht von Hand mehr oder weniger genau aneinander gelegt (Prepreg), wie es sonst häufig gemacht wird. Deshalb müssen Übergänge auch nicht geschliffen und unschöne Oberfläche nachträglich hübsch gemacht werden.
Ich bin nun weder Carbonexperte, noch habe ich Ambitionen in die Aerospace Branche einzusteigen. Deshalb will ich zuerst einfach nur wissen, wie sich die Bikebeat Überflieger Pro Disc für 1.900 Euro auf der Straße anfühlen.
Leicht sind sie, das merkte ich, als ich sie ausgepackt habe. Der Karton ist stabil und kommt ohne Plastik oder anderes unnötiges Füllmaterial aus. Die beiliegenden Unterlagen sind ordentlich gestaltet und verständlich geschrieben, keine Anzeichen von „auf die Schnelle zusammengeschustert“. Vier Felgenbänder von Schwalbe und ein Cap sind auch dabei – das finde ich besonders gut, weil die Sonne mir hier auf dem Schädel knallt, während ich die Discs und die 11-32 Kassette montierte.
Mittwoch, Riva del Garda, Hochsaison, kurz nach 6:00 Uhr: Ab dem Lago di Ledro geht es leicht Bergauf nach Tremalzo. Heute versuche ich einen Weg abseits der Bundesstraße und finde mich auf einer Rampe mit über 20% wieder. Positiv, ich merke wie steif die Bikebeat-Räder sind. Jeder Tritt kommt direkt auf dem Asphalt an. Nach der Abfahrt vom Passo Tremalzo kommen lange Geraden. Das ist die richtige Gelegenheit um auf die Aerodynamik und, auch interessant, die Anfälligkeit für Seitenwind zu achten. Ich frage mich, ob die Dimples bei anderen Herstellern nur ein Marketinggag sind. Bikebeat hat nämlich keine dieser kleinen Ausbuchtungen. Trotz der 4,5 cm Felgenhöhe und Wind von der Seite laufen sie relativ ruhig. Jedenfalls rollt es sich so angenehm, dass ich erst vor dem Tunnel Agnese stoppe. Der ist nämlich für Fahrräder und Fußgänger verboten. (Tipp: Nicht durchfahren, der CO2 Anteil ist in dem 3,7 Kilometer langen Tunnel sehr hoch). Jedenfalls bedeutet das Umdrehen um noch einmal die Bergauf-Performance von Bike, Rims und Cyclist zu checken.
Um einem richtigen Vergleich der Seitenwindeigenschaften zu bekommen, nehme ich die Räder eine Woche später mit nach Norddeutschland. Auf den Deichstraßen zwischen Bremerhaven und Cuxhaven gibt es nämlich echten Wind und der kommt aus allen Richtungen. Bei 30 km/h mit Böen von bis zu 50 können die Bikebeats zeigen, was sie in Real drauf haben. Ich mach’s kurz: Auch die besten physikalischen Eigenschaften haben ihre Grenze. Das ist aber jetzt kein Minuspunkt für die Überflieger, weil hierbei alle hohen Felgen scheitern.
Ich will wissen, was hinter Bikebeat steckt. 2018 wurde die Firma von BWLer und passionierten Triathleten Max Achten gegründet. Die Fertigung der Carbonräder passiert auf dem Gelände des Airbus Campus bei München. Die Naben für die Überflieger Pro kommen von Tune aus dem Schwarzwald. Philipp ergänzt: „Wir bekommen häufig von den Kunden Feedback, dass sie sich bewusst für ein deutsches Produkt, komplett in Deutschland produziert entschieden haben.“
Für 1.600 Euro gibt es die 1.420 gr leichten Überflieger mit DT Swiss 240s Disc Straightpull, 300 Euro mehr kosten die Überflieger Pro mit 1.390 gr und Tune Kingkong Nabe. Die Versionen für Felgenbremsen sind ein paar Euro günstiger. Die Laufräder gibts bei derzeit etwa 20 Händlern und im eigenen Webshop.
Mein Fazit: Ob die Herstellungsart Lufteinschlüsse vermeidet, es zu keiner Überlappungen der Fasern kommt und die durchgehend gewickelt werden, kann ich selbst nicht wirklich beurteilen. Den Vergleich mit teureren Laufräder von Zipp & Co. in Punkto Steifigkeit und gefühlte Aerodynamik brauchen die Bikebeat Überflieger jedenfalls nicht zu scheuen. Ein USP gegenüber den Großen ist sicherlich 100% Made in Germany und der direkte Draht zu Max und Philipp.