Schon fast 20 Jahren arbeite ich in Neu-Isenburg. Die ersten Jahre habe ich auch dort gewohnt. Nun komme ich von Dietzenbach – oft mit dem Rad.
Radinfrastruktur in Neu-Isenburg? Mehr oder weniger Fehlanzeige!
Grundsätzlich ist es positiv, wenn eine Stadt sich interessiert, Geld investiert und sogar Experten beschäftigt, um den Radverkehr besser und hoffentlich auch sicherer zu gestalten. Das hat mich damals wahnsinnig gefreut. Nur, außer einer abstrusen Radwegsführung rund um den Bahnwagen des Modellbahnclubs (in der Nähe meines Arbeitgebers) ist null Komma null passiert.
Übel sind die Zufahrten zu bzw. Ausfahrten aus der Stadt heraus. Es macht wenig Spaß, ungeschützt auf vierspurigen Straßen zu fahren, v.a. wenn rechts noch Autobahnauf- und Ausfahrten die Gefahr erhöhen. Mit Ausnahme des holprigen Fahrradwegs nach Sprendlingen und dem Weg am Waldfriedhof vorbei zum neuen Radweg Richtung Golfplatz ist es einfach die Hölle!
Radschutzstreifen
Ich wäre schon froh, wenn auf den Fahrbahnen Fahrradschutzstreifen aufgemalt wären, so wie man das von Heusenstamm oder Sprendlingen kennt. Fahrradschutzstreifen können von Kfz befahren werden, solange keine Radfahrer dort fahren. Auch wenn man als Radfahrer auf den Schutzstreifen recht eng überholt wird, ist es sicherer, als wenn kein Schutzstreifen vorhanden ist.
Warum tut man nichts?
Ach ja, man hat kluger Weise die Bürgersteige an den Hauptverkehrsstraßen für Fahrräder frei gegeben.
Kluger Weise? Blödsinn!
Blödsinn!
Warum Blödsinn? Leicht erklärt. „Fahradfahrer frei“ bedeutet für den Fahrradfahrer, dass er auf dem Gehweg fahren darf, aber nicht muss. Gefühlt jeder zweite Autofahrer glaubt aber, dass mit dem Schild ein benutzungspflichtiger Radweg angezeigt wird. Entsprechend die Bedeutung aus Autofahrer-Sicht: „Verschwinde von meiner Straße!“ Wie oft ich auf solchen Straßen schon im Vorbeifahren durch geöffnete Beifahrerfenster angebrüllt wurde, kann ich nicht sagen. Es passiert mehrmals wöchentlich!
Unfreiwilliger Kampfradler
Genau das geht mir tierisch auf dem Sack! Weil viele Autofahrer die Verkehrsregeln nicht kennen, werde ich in deren Augen zum Kampfradler – nur weil ich nicht auf dem Bürgersteig fahre – der vermeintlich ein Radweg ist.
Dass ich innerorts in der Regel mit 25 bis 35 km/h unterwegs, und deshalb kein wirkliches Verkehrshindernis bin, interessiert keine Sau. Die Aggression ist sofort da.
Fahrrad mit Rennlenker + auf der Straße, statt auf dem Bürgersteig + schneller unterwegs, als man das normalerweise kennt = Kampfradler = Decksack = Schmeißfliege des innerstädtischen Verkehrs!
Ach ja, der Drecksack, der nicht auf dem Radweg (Bürgersteig) fährt, ist auch ohne Licht unterwegs, also mit einem nicht für den Straßenverkehr zugelassenen Rad. Garantiert hält der nie an roten Ampeln …
Genau das, liebe Stadtoberen von Neu-Isenburg (oder anderer Städte), geht Leuten im Kopf rum, nur wegen dieses Schildes! Schon mal drüber nachgedacht?
Hört auf damit und malt Fahrradschutzstreifen auf die Straßen. Bitte, bitte, bitte!
Und mal ehrlich, liebe Verantwortlichen aus Neu-Isenburg, das hier kann doch nicht Euer ernst sein, oder?
So wie hier im rechten Bild die rot aufgemalte Überfahrt angelegt ist, zeigt, wo die Schmeißfliege Fahrradfahrer idealerweise fahren soll. Auf dem schmalen, unbefestigten Streifen links neben dem Gehsteig. Aha.
Übrigens ist weder mir noch manchem Autofahrer klar, wer in der Kreuzung Vorfahrt hat. In Schweden wäre es in jedem Fall der Radfahrer, in Deutschland vielleicht „rechts vor links“? Keine Ahnung. Im Zweifel würde ich immer bremsen. Auf der Straße hätte ich, geradeaus fahrend, Vorfahrt. Hier ist gut gemeint leider nicht gut gemacht. Ihr kreiert Unfallschwerpunkte! Was sagt der Herr Verkehrsexperte, der seinerzeit sicher ne Menge Kohle für das Radwegkonzept abgegriffen hat? Das würde mich echt mal interessieren.
Interessant wird es bspw. hier. Anscheinend wird nicht nur rot auf den Straßen Neu-Isenburgs gemalert, es werden auch Schilder geändert. Der Schöne Radweg geht rechts ab und hört wenige Meter danach auf. Bisher war hier „Ende“ des Radwegs und man musste, mehr oder weniger holprig, auf die Straße. Nun darf man den schicken Bürgersteig benutzen. Wahnsinn! Holpert man von dort lieber auf die Straße, wird man automatisch zum Kampfradler, der nicht auf dem vermeintlichen Radweg fährt. Vielen Dank dafür. Auch hier wäre ein Radschutzstreifen die bessere Lösung.
Um das Thema „Fahren auf dem Bürgersteig frei“ abzuschließen, hier noch die Frage, ob man in Neu-Isenburg nur mit einer Machete Rad fahren kann? Oder wie kommt man sonst durch das Unkraut? Mal ehrlich? Selbst für Fußgänger ist das nicht schön.
Weiteres aus dem Radwegschlaraffenland Neu-Isenburg
Äh, ok. Wo muss ich mich einordnen, wenn ich mit dem Rad nach links abbiegen, oder geradeaus will?
Hat die Verwirrung irgendwann ein Ende, wenn man es bei Gefahr für Leib und Leben über dieses Markierungswirrwarr geschafft hat … ah, ein schöner Radweg 🙂 … 50 Meter lang, an dessen Ende man nur über die hohe Bordsteinkante auf die Straße kommt.
Aber innerstädtische Schmeißfliegen sollen ja gar nicht nicht auf die Straße …
… nö – ohne wenn und aber wird man auf den Bürgersteig.
Allzeit freie Fahrt in Neu-Isenburg! Für den Autofahrer natürlich.
Hat der Verkehrsexperte das so in seinem Radverkehrskonzept vorgeschlagen? Nicht ernsthaft, oder?
Mal versucht etwas dagegen zu unternehmen im Rathaus? Viele haben keine Ahnung, was Radfahrer benltigen.
Das ist der erste Schritt. Ich vermute, in Neu-Isenburg kann man lesen.
Bin das erste Mal auf diesem Blog. Alle Achtung, hier werden wirklich einige Problem angesprochen, die ich als Radfahrer durch Neu-Isenburg auch kenne.
Dabei hat Neu-Isenburg sogar einen fahrradfreundlichen Bürgermeister.
Unserer von Dietzenbach ist leider eher Motorradfan, und die vorherrschende Bevölkerung ist auch nicht gerade traditionell umweltbewusst und Fahrradfreundlich.
Ach ja, bei den „Radfahrer frei“-Schilder bin ich übrigens anderer Meinung. Ich halte die Lösung für gut, denn es gibt offenbar viele Radfahrer, die lieber auf dem Gehweg fahren.
Angeblökt werde ich dann als „Straßenradler“ auch manchmal, aber zumindest bisher nur in Dietzenbach…
Eben nicht nur in Dietzenbach. In Neu-Isenburg genauso. Warum nicht lieber Radschutzstreifen auf die Fahrbahn malen. Das zeigt, dass Radfahrer dort fahren dürfen.
In Dreieich und auch in Dietzenbach wurden die meisten bisherigen Radwege in „Radfahrer frei“-Wege umgestellt, zuletzt auf der Offenbacher Straße/Hauptstraße. Das ist für mich persönlich schon mal ein Riesenfortschritt, da man wenigstens einigermaßen zügig vorankommt, und die ängstlichen Radfahrer weiterhin auf dem Gehweg fahren dürfen.
Wenn ein vormals reiner Gehweg in einen „Radfahrer-frei-Gehweg“ umgewandelt wurde, sieht es natürlich anders aus, das gebe ich Ihnen Recht.
Ein Fahrradschutzstreifen zusätzlich (!) wäre m.E. am besten. Ich weiß aber nicht, ob nicht vielleicht irgendeine städtebauliche Richtlinie dagegen verstößt.
Na ja, wenn Fahrradschutzstreifen in Heusenstamm erlaubt sind, warum nicht in bspw. Neu-Isenburg?
In Dietzenbach bin ich gespannt. Wie wird die Radregelung an der Kreuzung, die sich gerade um Umbau befindet? Angeblich hat man sich zusammen mit Polizei und ADFC was überlegt. Leider zweifle ich momentan, dass der ADFC Dietzenbach die wirkliche Kompetenz hat und bei der Polizei glaube ich nicht 100% daran, dass sie die Sicht des Radfahrers teilen, der zügig und sicher fahren möchte. Aber warten wir mal ab.
Übrigens fehlen mir im Dietzenbacher Industriegebiet ebenfalls Radschutzstreifen. Die Straße wurde gerade erneuert. Warum zieht man nicht in Betracht, dass Leute mit dem Rad zur Arbeit ins Industriegebiet kommen?
Auf die neue Kreuzung bin ich genauso gespannt, bereite mich aber schon seelisch auf eine Enttäuschung vor. Na, mal sehen.
Am finstersten sieht es meines Erachtens aber nicht innerhalb der Städte, sondern dazwischen aus. Sie haben es im Fall Neu-Isenburg schon angesprochen, aber in Dietzenbach und Dreieich ist es nicht viel anders. Man hat eigentlich nur die Wahl zwischen
(a) Waldwegen. Bei Sonne schön, bei Regen eine Schlammschlacht. Und man fährt „auf eigne Gefahr“, und das aus gutem Grund: Schlaglöcher und Äste sind die Regel, im Winter passiert natürlich räumtechnisch gar nichts. Außerdem gibt es immer mal wieder unangekündigte Sperrungen wegen Holzällerarbeiten, selbstverständlich ohne Umleitung. Das müsste man mal auf de B43 probieren 🙂
(b) radweglosen Land- und Bundesstraßen, häufig ohne Seitensteifen. Hier rasen die Autos an einem vorbei; gelegentlich wird auch mal ein Radler plattgefahren (z.B. L3262). Laut Autofahrer plötzlich auf die Fahrbahn geschwenkt. Der Radfahrer kann leider nichts mehr dazu sagen.
Eigentlich wäre das relativ flache Rein-Main-Rebiet für den Radverkehr prima geeignet, aber so…
Meiner Meinung nach sind 30 Stundenkilometer für Autos in der Stadt zu viel und 20 Stundenkilometer für Radfahrer auch .Das Problem sehe ich nicht n der Wahl des Verkehrsmittels, sondern im insgesamt zu dichten Verkehr. Es ist einfach zu voll. Entsprechend steigt die Aggression. Schnellfahrende Radler gehören auf die Strasse, aber die ist zunehmend von parkenden Autos blockiert, die inzwischen auch über zwei Meter breit sind. Radfahren macht mir keinen Spaß mehr. Ich will auch keine Fahrradautobahnen für Elektro-Raser .Dafür soll wieder Wald gerodet und sollen Tiere vertrieben werden. Die umweltfreundlichste Fortbewegungsart ist das -langsame-Laufen.
Radfahrer sollen sich nicht dauernd nur als Opfer darstellen, sie sind genauso Täter. Sie sind auch nicht die Umwelt-Wohltäter schlechthin mit ihrer Parole“ freie individuelle Mobilität für freie Bürger“. Etwas Entschleunigung dürfte nicht schaden.
Warum sollten denn 20 km/h für Radfahrer zu viel sein? Das kann ich nur bedingt nachvollziehen.
Das Fahrrad ist sicherlich das umweltverträglichste Fortbewegungsmittel, wenn es um das Überwinden von längeren Strecken geht. Dass Radinfrastruktur leider auch zu Lasten der Natur geht, ist unbestritten. Allemal aber besser, als Straßen für Kfz weiter auszubauen.
Langsames Laufen mag nett sein, ist aber sicher nicht für alle der richtige Sport und langsam laufend morgens ins Büro zu kommen, ist auf Dauer ggf. auch nicht das Wahre.