Begleite Jonas Deichmann bei seiner Kontinentaldurchquerung „Cape 2 Cape Challenge“ vom Nordkap in Norwegen bis nach Kapstadt in Südafrika.
Hier die Fotos der Tage 38 bis 50 und die jeweiligen Texte aus Jonas‘ Tagebuch – wieder einmal dilettantisch übersetzt von CyclingClaude.
Jonas hat die schwierigen Passagen durch Sudan und Äthiopien hinter sich und durchquert aktuell das etwas ruhigere und landschaftlich schöne Kenya.
Momentan ist Jonas trotz mehrerer Lebensmittelvergiftungen wieder wohlauf und der Zeitplan stimmt noch immer.
Tag 38
Bei Sonnenaufgang verlasse ich Khartum. Es ist schön, nach so viel Zeit in der Wüste, belebte Straßen zu sehen. Ich fühle mich stark, nach dem Essen in Khartum. Die Straße führt am blauen Nil entlang durch Ackerland. An der Straße gibt es Obst, Getränke und Restaurants. Es ist auch viel kühler als die Tage zuvor. Ich halte nur für ein schnelles Mittagessen an und fahre sonst den ganzen Tag. Nach 275 km finde ich ein Dorf und suche nach einem Hotel. Das Hotel ist 4 km von der Hauptstraße entfernt und liegt an einer schrecklich schmutzigen Straße. Als ich ins Hotel komme, gibt es nur einen Schlafsaal mit ca. 50 belegten Betten. Zum Glück gibt es ein zweites Hotel, aber der Typ mit dem Schlüssel ist weg. Eine halbe Stunde später bekomme ich in mein Zimmer. Die Unterkunft ist besser als in vielen meiner letzten Nächte, aber ohne Wasser.
Tag 39
Der Weg aus dem Dorf erweist sich als Herausforderung. Die Straße ist tief verschlammt und ich muss schieben. Ich brauche eine Stunde für 4 km, bevor ich wieder Fahrt aufnehmen kann. Die Landschaft verändert sich heute mit kleinen Hügeln und Dörfern von Ziegenhirten, die in kleinen Rundhütten leben. Am Nachmittag biege ich auf eine kleinere Straße zur äthiopischen Grenze ab. Die Straße ist in einem schrecklichen Zustand und ich zickzack zwischen den Schlaglöchern. Das bremst mich und ich erreiche Dhoka nur nachts. Leider war meine Information, dass es ein Hotel gibt, falsch und ich schlafe in einem Restaurant. Es ist heiß und die Einheimischen reden laut, sodass ich kaum Schlaf finde.
Tag 40
Bei Sonnenaufgang mache ich mich auf den Weg. Die Straße ist noch schlechter und ich fahre einen Schnitt von 18 km/h. Gegen Mittag erreiche ich die Grenze und habe einen langen bürokratischen Prozess vor mir. Nach fast drei Stunden bin ich drüben und sofort in einer anderen Welt. Überall Leute. Alle sind freundlich, aber nach 20 km wirft eine Gruppe von Kindern ihre Flip Flops auf mich und sind definitiv feindselig. Ich wurde vorher gewarnt. Jeder Radfahrer, den ich kenne, hasst Äthiopien, weil Kinder und Jugendliche versuchen, Radfahrer vom Fahrrad zu ziehen oder mit Steinen zu bewerfen. Wir werden die nächsten Tage sehen. Nach nur 120 km halte ich an einem Hotel an. Ich habe noch eine Stunde Sonnenlicht, aber ich weiß, dass ich in ein Gebiet eindringe, in dem es derzeit gewalttätige Konflikte gibt. Es ist besser, hier nicht in die Dunkelheit zu geraten und stattdessen früh wieder aufzubrechen.
Tag 41
Ich wache mit einer Lebensmittelvergiftung auf und fühle mich elend. Als ich auf das Fahrrad steige, merke ich, dass sich meine Kurbel löst. Eines der Lager ist beschädigt und ich muss das Tretlager wechseln. Glücklicherweise habe ich einen Ersatz dabei und finde eine Werkstatt, die mir hilft. Die Kids dort wissen nicht wirklich, wie es geht, aber sie haben Werkzeug und ich instruiere sie. Ich werde ein wenig unruhig, als sie darauf rum hämmern. Aber es klappt. Um 9 Uhr bin ich endlich auf dem Fahrrad und nehme den ersten Aufstieg in Angriff. Es gibt überall Militär, Polizei und Privatmilitär, daher bin ich froh, dass ich nachts nicht gefahren bin. Ich klettere fast den ganzen Tag bis auf 2.200 Meter. Am Abend fühle ich mich etwas besser, aber immer noch krank und freue mich, als ich endlich ein Hotel finde.
Tag 42
Ich fühle mich etwas besser und mache mich bei Sonnenaufgang auf den Weg. Die Straße schlängelt sich ständig auf und ab durch eine wunderschöne Berglandschaft. Jetzt gibt es überall Kinder und sie alle rennen mir hinterher, aggressiv nach Geld bettelnd. Einige werfen Steine auf mich und andere versuchen, mich mit Stöcken zu schlagen oder blockieren mir den Weg. Sie sind schnelle Läufer, was eine Flucht bei den Anstiegen erschwert. Ich war vorher gewarnt worden, dachte aber nicht, dass es so schlimm sein würde. Am Nachmittag wirft eine Gruppe von Kindern große Steine von oben auf mich. Sie verfehlen mich. Aber so ein Stein bringt dich definitiv ins Krankenhaus. Es ist seltsam, dass die Erwachsenen sehr nett sind und nur Kinder und ein paar Jugendliche aggressiv sind. Ich schaffe es, den Tag ohne größere Verletzungen zu überstehen und bei Sonnenuntergang ein Hotel zu finden. Andere Reisende sagten mir, dass dies erst aufhört, wenn ich Kenia erreiche, also freue ich mich nicht auf die nächsten Tage.
Tag 43
Ich wache wieder krank auf, steige aber bei Sonnenaufgang aufs Rad. Gleich zu Anfang ist ein langer Aufstieg bis auf 2.600 Meter. Die Leute sind jetzt sehr nett und begrüßen mich, auch die Kinder. Ich fühle mich völlig ohne Energie und klettere sehr langsam. Es ist so schwer, etwas zum Essen auf dem Fahrrad zu finden. Ich bin seit Ägypten in einem Kaloriendefizit. Am Nachmittag geht das Klettern weiter, aber jetzt auch mit ständigen Angriffen und geworfenen Steinen durch die Kinder. Als ich die Kleinstadt Felege Birhan erreiche, kommen Kinder von allen Seiten und schreien nach Geld. Ich muss anhalten, um Wasser zu kaufen. Der Ladenbesitzer verlangt das Fünffache des Preises, während die ersten Kinder bereits versuchen, meine Taschen zu öffnen. Ich fahre schnell weiter und stoppe 100 Meter weiter, mit demselben Ergebnis. Ich habe genug und verlasse das Dorf durstig. Ich fahre in die Dunkelheit.
und kollidieren fast mit einem Esel, der die Straße überquert. Glücklicherweise finde ich bald ein Hotel. Sie haben sogar Spaghetti auf der Speisekarte.
Tag 44
Königsetappe. Ich bin endlich über die Lebensmittelvergiftung hinweg und fühle mich wieder gut. Nach 20 flachen Kilometern geht es 22 km bergab in die Schlucht des Blauen Nils. Unten gibt es Affen, die herumspielen, und einen spektakulären Blick in den Canyon. Selbstverständlich steigt die Straße auf der anderen Seite wieder an. Es ist einer der härtesten Anstiege Afrikas. Der Belag ist schrecklich und der Aufstieg steil, aber die Aussicht auf den Canyon ist spektakulär. Nach 2 Stunden erreiche ich den Gipfel auf 2.700 Metern und stoppe für Spaghetti. Am Nachmittag geht die Straße ständig auf und ab durch ein schönes Hochplateau. Die Leute sind super freundlich und winken mir zu, mit nur zwei Ausnahmen mit geworfenen Steinen. Mit dem letzten Tageslicht erreiche ich ein Dorf und suche mir ein günstiges Hotel für die Nacht. 3 Euro, aber kein fließendes Wasser.
Tag 45
Ich breche bei Sonnenaufgang auf und fahre im Morgennebel über ein Hochplateau. Plötzlich fliegt ein großer Stein über einen Zaun. Ich weiche in letzter Sekunde aus und stürze fast. Später sind die Leute den ganzen Tag über freundlich. Gegen Mittag fahre ich hinunter in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba und durchquere die Stadt in einem endlosen Stau. Auf der anderen Seite ist die Straße auf fast 100 km komplett kaputt und es gibt eine 30 km lange Baustelle. Ich komme sehr langsam voran und bin froh, dass mein Fahrrad überlebt. Am Abend ändert sich die Landschaft. Ich bin ständig in den Bergen gefahren und jetzt öffnet sich eine große Savannenlandschaft. Schnellere Tage liegen vor mir.
Tag 46
Ich mache mich bei Sonnenaufgang auf den Weg und erreiche nach einer Stunde Zigay. Es gibt überall Demonstrationen und niemand kann erklären, warum. Ich mache mich auf den Weg durch die Stadt, aber am Stadtrand ist die Straße durch Autoreifen und Steine blockiert. Es gibt Rauch und ein Mob von ein paar hundert Leuten kommt auf mich zu. Ich kehre um und suche ein Hotel als Rückzugsort. Den ganzen Tag kann ich das Hotel nicht verlassen. Alles in der Stadt ist geschlossen. Es gibt Straßenbarikaden und Mobs mit Stöcken und Steinen laufen durch die Straße. Anscheinend wurde ein politischer Aktivist aus der Region von der Polizei festgenommen, was nun in der gesamten Region zu Demonstrationen führt. Andere sagen, dass er nicht inhaftiert war, sondern dass er es einfach gesagt hat, um Unruhen zu verursachen. Nachts läuft die Aktion noch und ich freue mich, im Hotel hinter geschlossenen Türen zu sein. Der Mob ist gewalttätig geworden und bereit, zu zerstören, während die Armee aus Addis Abeba angekommen ist und versucht, die Situation zu klären. Es gibt keine alternative Route für mich und ich habe noch 400 km in dieser Region. Keine Ahnung was morgen kommt und ob ich radfahren kann.
Tag 47
Als ich aufwache, sieht es so aus, als hätte sich die Lage beruhigt und auch der Hotelier sagt, dass ich aufbrechen kann. Nach 50 km erreiche ich Shashamane – die ganze Stadt ist blockiert. Brennende LKW-Reifen, Barrieren aus Steinen und Bäumen, starke Militärpräsenz und Mobs, die mit Stöcken herumlaufen. Alle Geschäfte und Restaurants sind geschlossen und ich bemühe mich, einen sicheren Ort zu finden. Im Zentrum wird ein Mob aggressiv und seine Aufmerksamkeit verlagert sich schnell auf mich. Glücklicherweise gibt es einige Einheimische, die einen Kreis um mich herum bilden und mich in ein geschlossenes Restaurant bringen, das mich schnell reinlässt. Nach einer Stunde gibt es die Möglichkeit zu verschwinden und ich fahre schnell los. 30 einfache Kilometer später erreiche ich eine 70 km lange Schotterstrecke aufgrund von Straßenbauarbeiten. Kinder werfen ständig Steine auf mich und beleidigen mich. Sie alle rufen „China“ oder „Ali Baba“. Es ist klar, wer das wirtschaftliche Sagen in dieser Region hat. Nach 200 km finde ich ein Hotel, gerade als es dunkel wird. Sehr zufrieden damit, aber ich habe wieder mein Tagesziel verfehlt. Ich freue mich auf Kenia und bessere Bedingungen.
Tag 48
Ich starte vor Sonnenaufgang und treffe sofort auf eine sehr schlechte Schotterpiste. Ich klettere fast 50 km, meistens mit Straßenbauarbeiten. Die Landschaft verändert sich wieder und ich treffe auf Regenwald und große Bananenplantagen. Am Nachmittag verwandelt sich die Straße in einen glatten Asphalt und führt in sanften Hügeln ständig auf und ab. Es gibt jetzt viel weniger Leute und sie sind alle super freundlich. Ich fahre in die Dunkelheit, bis ich ein kleines, schäbiges Hotel finde. Jetzt bin ich nahe dran, um morgen Kenia zu erreichen.
Tag 49
Als ich aufbreche, kann ich nirgendwo etwas zu essen finden. Nach einer Stunde komme ich zu einer Kreuzung, wo ich Brot und Tee für ein spätes Frühstück bekomme. Ich befinde mich jetzt im dünn besiedelten Süden Äthiopiens mit großen Entfernungen zur nächsten Stadt. Überall gibt es Militär- und Privatleute mit Maschinengewehren. Die Grenzregion und die Stadt Moyale leiden seit Jahren unter gewaltsamen Stammeskonflikten. Allerdings sind alle superfreundlich und es fühlt sich sicher an. Am Morgen mache ich gute Fortschritte, bis die Straße nach Osten abbiegt und mir ein starker Gegenwind entgegenwirkt. Ich erreiche Moyale bei Sonnenuntergang und möchte in den kenianischen Teil der Stadt kommen. Ich ändere meinen Plan, nachdem mich mehre Einheimische vor einer Schießerei auf der kenianischen Seite warnen. Ich beschließe, am Morgen die Grenze zu überqueren.
Tag 50
Etwas Verspätung an der Grenze, da der Einwanderungsbeamte zuerst sein Frühstück beenden wollte. Aber dann ging ich auf den glatten kenianischen Hochgeschwindigkeits-Straßenbelag. 248 km bei starkem Seitenwind – und glücklich, in Kenia zu sein. Ich fuhr bis in die Dunkelheit, nachdem mir mehrere Einheimische bestätigt hatten, dass es ungefährlich ist. Die afrikanischen Naturgeräusche waren aufregend, bis ich an einem Polizeikontrollpunkt gefragt wurde, ob ich eine Waffe trage, um mich zu schützen. Anscheinend gibt es Hyänen und Elefanten. Nun, die Geräusche Afrikas und die Augen im Dunkeln wirken seither irgendwie anders.
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Ich bin gerade auf deinen Blog gestoßen und mehr als beeindruckt von der Strecke, die du mit dem Rennrad zurücklegst! Gerade, dass du in einer Gegend wie Äthiopien allein unterwegs bist. Ich hätte nie gedacht, dass die Menschen dort so feindlich auf Radfahrer reagieren, aber meinen Respekt hast, dass du das trotzdem durchziehst!
Danke. Aber es handelt sich um Jonas Deichmann, den Weltrekordjäger, nicht um mich.