Hier findest Du die Fotos und Berichte der Tage 26 bis 37 der Weltrekordfahrt Cape 2 Cape Challenge, also vom Nordkap bis nach Kapstadt.
Leider ist Jonas Deichmann seit einer Woche (Tag 32) alleine unterwegs, weil Philipp Hympendahl im Ägyptischen Azwan aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste.
In der Zwischenzeit hat Jonas die kritische Sahara-Passage hinter sich und befindet sich aktuell im südliche Sudan.
Jonas fühlt sich gut und der Zeitplan stimmt nach wie vor.
Tag 26
Letzter Tag im Iran. Wir machen uns im Dunkeln auf den Weg und erleben einen der bisher beeindruckendsten Sonnenaufgänge als die Sonne über die Berge auf unsere leeren Wüstenstraße kommt.
Wir klettern 40 km bis zu einem Pass auf 2000 Metern, bevor es den größten Teil des Nachmittags wieder abwärts geht.
Die Temperatur ist wieder gestiegen und macht das Radfahren hart. Nach 250 km erreichen wir Shiraz, und damit das Ende des ersten Abschnitts.
Zeit, die Räder für den morgigen Flug nach Kairo vorzubereiten und etwas Administration für Afrika zu machen. 6.000 km sind geschafft und jetzt sind wir sehr aufgeregt wegen Afrika.
Tag 27
Transfer nach Kairo. Wir schlafen bis 8 Uhr morgens und bleiben dann eine Stunde beim Frühstück. Wir packen unsere Räder und unser iranischer Freund Hossein bringt uns zum Flughafen. Nach einem Zwischenstopp in Sharjah landen wir um Mitternacht in Kairo und fahren direkt aus der Stadt heraus, um den Verkehr zu umgehen. Endlich Afrika!
Tag 28
Ein ägyptischer Freund, Helmy, begleitet uns die ersten Kilometer, bis wir die Nilroute erreichen. Die Straßenverhältnisse sind schrecklich und der Verkehr auch. Die Straße folgt zunächst dem Nil. Dann steigt sie aus dem Tal in die Wüste. Wir werden an einem Polizeikontrollpunkt angehalten und müssen eine Stunde warten. Sie wollen uns auf Lastwagen zwingen, was wir natürlich nicht können. Ich rufe Helmy an und er verhandelt, dass wir fahren können, aber jetzt mit einer Eskorte. 50 km später werden wir wieder angehalten. Diesmal wollen sie uns in ein Hotel abseits der Route bringen. Wieder hilft Helmy aus und verhandelt für uns eine Gefängniszelle. Abfahrt ab 04.20 Uhr möglich.
Tag 29
Wir schlafen fürchterlich, weil die Polizei die ganze Nacht laut über Funk kommuniziert. Um 04:30 Uhr können wir aufbrechen, nachdem wir Wasser und Pommes gegessen haben, was sie uns zum Frühstück brachten. Seither werden wir den ganzen Tag eskortiert. An jedem Kontrollpunkt wechseln unsere Begleiter. Glücklicherweise hatte unser ägyptischer Freund Helmy ein paar Worte mit ihnen gewechselt, weshalb sie super freundlich und organisiert sind. Das Polizeifahrzeug und die Crew sind immer sofort einsatzbereit, wenn wir an einem Kontrollpunkt ankommen und gleich weiter wollen. Keine Probleme bis zum Abend!
Morgens fahren wir mit starkem Rückenwind von durchschnittlich 45 km/h in die Wüste, bis wir wieder im Niltal sind, wo der Wind schwächer ist. Nach 308 km erreichen wir eine kleine Stadt, in der wir schlafen wollen. Die Polizei bringt uns zum Bahnhof anstelle eines Gästehauses. Leider ist dort niemand zuständig und will Verantwortung übernehmen. Es dauert eine halbe Stunde, bis ich Helmy erreiche und er auf eine Entscheidung drängt. Jetzt eskortieren sie uns zur örtlichen Moschee, wo wir schlafen dürfen. Der Vorsteher der Moschee ist unglaublich freundlich und bringt uns das Abendessen. Schön, nach der gestrigen Gefängniszelle eine anständige Schlafmöglichkeit zu haben.
Tag 30
Um 5 Uhr morgens holt uns die Polizeieskorte ab und folgt uns entlang des Nils. Nach 30 km erreichen wir den ersten Kontrollpunkt, an dem sie wechseln sollen. Leider schläft Mahmoud, der Kommandant der Kontrollstelle, und niemand wagt es, ihn zu wecken oder Verantwortung zu übernehmen. 50 Minuten später können wir mit einer neuen Begleitperson weiterfahren. Wir fahren nur ein paar Kilometer bis zu einem neuen Kontrollpunkt mit einem ähnlichen Führungsproblem. Ich habe genug und rufe unseren Freund Helmy an, der interveniert muss. Es funktionierte und wir fahren den ganzen Tag durch.
Vor Luxor dreht sich die Polizei plötzlich ab und wir können alleine weiterfahren. Hier handelt es sich um einen touristischen Hotspot, der anscheinend als sicher gilt. Wir fahren weiter entlang des Nils zum Dorf Al Aydah, wo wir eingeladen werden, in der Moschee zu übernachten. Der Bürgermeister und der Stadtrat kommen alle, um uns zum Tee einzuladen. Wunderbare Gastfreundschaft.
Tag 31
Philipp wacht mit einer Lebensmittelvergiftung auf. Wir radeln aus dem Dorf heraus und sofort in die Sahara. Er fühlt sich schwach, aber wir fahren weiter, da wir noch vor Mittag Assuan erreichen wollen. Nach zwei Stunden halten wir an der Hütte eines einheimischen Stammesangehörigen. Er gibt uns Wasser und Philipp ruht sich im Schatten aus. Er fühlt sich zu schwach, um weiterzufahren und fährt mit dem Taxi nach Assuan in ein Krankenhaus. Ich fahre mittags in der Hitze nach Assuan und kämpfe hart. Ich trinke 4 Liter auf 60 km und fahre ins Krankenhaus, um Philipp zu holen. Leider ist die Polizei im Krankenhaus und beschäftigt sich v.a. mit Touristen. Niemand hat sich um Philipp gekümmert. Das Einzige, was die Polizei will, ist, dass ich ein Papier unterschreibe, in dem steht, dass sie sich gut verhalten haben. Ich bringe Philipp in ein Hotel, wo wir uns ausruhen. Wir haben die Position markiert, an der er ausgestiegen ist, damit er ein Taxi zurücknehmen und von dort aus weiterfahren kann. Eine Lebensmittelvergiftung dauert 2-3 Tage und ein abgelegener Teil der Sahara liegt vor uns. Ruhetage sind nicht möglich, da Körper und Geist sich herunter fahren würden. Harte Tage liegen vor uns.
Tag 32
Einer der schlimmsten Tage aller Zeiten auf dem Fahrrad. Philipp beschließt am Morgen aufzugeben. Zwar fühlt er sich körperlich besser, aber die bevorstehende Durchquerung der Sahara bestärkte ihn in seiner Entscheidung, da er vom zweiten Tag an unter Schmerzen gefahren war. Nun bin ich alleine in der Sahara unterwegs. Nachdem mein Wasser knapp geworden ist und ich unter Dehydrierung zu leiden beginne, nehme ich Nilwasser von einem Stammesangehörigen an. Ich bekomme schnell Magenprobleme und leide den ganzen Nachmittag, während ich in der gnadenlosen Wüste fahre. Nach 230 km werde ich von der Polizei an einem Checkpoint angehalten. Ich möchte weiter nach Argen an der sudanesischen Grenze radeln, aber sie zwingen mich zu bleiben und mein Zelt am Checkpoint aufzubauen. Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen, aber es gibt kein Essen. Es ist laut. Sie schreien herum und haben ihren Radioempfänger laut. Schlafen ist unmöglich. Jedesmal wenn ich zur Toilette gehe, folgt mir jemand. Sobald ich mich zwei Meter zur Seite bewege, ruft jemand „stopp“. Ich fühle mich wie ein Gefangener.
Noch 100 km bis in den Sudan. Ich bin froh, wenn ich die Grenze hinter mir gelassen habe.
Tag 33
Als ich um 4 Uhr morgens losfahren will, ist meine Begleitung nicht da und sie lassen mich nicht allein aufbrechen. Eine Stunde Verhandlungen und ich mache mich endlich auf den Weg. 250 Meter später werde ich an einem Militärkontrollpunkt angehalten. Andere Zuständigkeit und sie lassen mich nicht durch. 30 Minuten Verhandlungen und ich kann weiterfahren. Starker Rückenwind schiebt mich zur Grenze und ich sehe eine lange Reihe von Sudanesen, die in der Sonne warten. Die Grenze ist geschlossen und niemand weiß warum. Um 11 Uhr öffnet die Grenze endlich und die Sudanesen stürmen durch. Es ist die korrupteste Grenze, die ich je gesehen habe. Die ägyptischen Offiziere lassen die Leute warten, bis Sie bezahlen, um Ihren Pass abzustempeln. Es gibt kein Wasser und nach weiteren 90 Minuten bin ich völlig dehydriert, als ich endlich auf der sudanesischen Seite ankomme. Es ist eine ganz andere Welt. Jeder begrüßt mich in seinem Land und versichert, dass der Sudan nicht wie Ägypten ist. Das Passverfahren dauert 5 Minuten und statt Korruption werde ich zum Mittagessen und Tee eingeladen.
Danach nehme ich eine kleine Straße in die Wüste, die durch einen abgelegenen Teil der Sahara führt – fast 1.000 km bis zur nächsten Stadt. Es gibt keine Geschäfte oder irgend etwas für die nächsten hunderte von Kilometern. Durch die Wüstenhitze nimmt mein Wasservorrat zu schnell ab. Nachts sehe ich ein Lager an der Straße und frage nach Wasser. Es sind Arbeiter einer Goldmine. Sie laden mich ein zu bleiben. Wir schlafen in Betten, die draußen in die Wüste aufgestellt sind. Vorher gibt es eine kleine Portion Essen. Ich bin immer noch hungrig, aber ich weiß, dass dies alles ist, was sie sich leisten können. Es gibt kein abgefülltes Wasser und ich bin wieder dabei, Nilwasser zu trinken.
Tag 34
Noch im Dunkeln machen die Minenarbeiter Frühstück. Es gibt Tee und ein paar trockene Kekse, aber ihre Gastfreundschaft ist unglaublich. Auf dem Rad mache ich gute Fortschritte bis zum Mittag, als der Wind plötzlich die Richtung wechselt. Gegenwind mit voller Kraft. Es fühlt sich an, als würde ich mit 12 km/h in einem Ofen gegen einen Haartrockner fahren. Er saugt meine Energie innerhalb von Minuten aus und ich merke, dass ich in eine ernste Situation geraten könnte. Ich erfahre, dass da vorne ein kleines Café ist und schaffe es mit meiner letzten Energie dorthin. Ich bin völlig ausgeknockt und lege mich für zwei Stunden auf den Boden, bis der Wind nachlässt. Ich fühle mich absolut elend wegen meiner Magenprobleme und weil ich nicht genug gegessen habe. Aber ich quäle mich durch die Nacht, um aus diesem abgelegenen Wüstenteil heraus zukommen. Trotz meiner Leiden ist die Nachtfahrt unglaublich. Der Vollmond und die Wüste wirken unendlich friedlich. Nach ein paar Stunden komme ich zu einem Polizeikontrollpunkt. Sie laden mich ein, dort auf einem Bett unter den Sternen zu schlafen. Die Einladung ist nicht ägyptischer Polizeistil, sondern einfach eine freundliche Geste und ich nehme sie gerne an. Am Ende habe ich heute 260 km auf der Uhr, nach den gestrigen 190. Ich bin überrascht darüber, nachdem ich mich mittags so schlecht gefühlt hatte.
Tag 35
Ich mache mich vor Sonnenaufgang auf den Weg und fühle mich wieder miserabel. Ich habe drei Tage lang nichts richtig gegessen und verlasse mich immer noch zu sehr auf das Nilwasser. Ich finde einen kleinen Laden, der Kekse zum Frühstück verkauft, und ich kann mich mit abgefülltem Wasser eindecken. Dann drücke ich gegen den Wind, spüre aber den Mangel an Energie und mache wenig Fortschritte. Zum Glück geht die Straße jetzt etwas näher an den Nil heran und es gibt einige Geschäfte, die allerdings keine geeigneten Lebensmittel für Radfahrer verkaufen. Gegen Mittag bin ich bei Hitze und Wind komplett fertig und schlafe in einem Restaurant. Ich fahre weiter, als es etwas kühler wird und kämpfe wieder heftig. Bei Sonnenuntergang erreiche ich ein kleines Dorf, das überraschenderweise ein Hotel hat. Als ich die Treppe hinaufsteige, bin ich überrascht, von einem Russen begrüßt zu werden, der in der Wüste nach Gold sucht und landwirtschaftliche Projekte leitet. Wir verabreden uns zum Abendessen und er zeigt mir ein Restaurant, in dem es leckeres Hühnerfleisch gibt. Eine so erfreuliche Abwechslung.
Tag 36
Ich fühle mich etwas besser und fahre hinaus in die Dunkelheit. Bei Sonnenaufgang nimmt der Wind zu und baut sich schnell zu einem starken Gegenwind auf. Der Sand wird über die Straße geblasen und kommt mir in Augen, Ohren, Nase – einfach überall hin. Nach 95 km mit einem Durchschnitt von 18 km/h halte ich für eine Cola und ein paar Kekse an. Ich fahre am Nachmittag mit ebenso langsamen Tempo weiter und halte bei Sonnenuntergang in einem kleinen Dorf an. Die Polizisten laden mich zum Abendessen ein und der Restaurantbesitzer bietet mir ein Bett an, das ich dankbar annehme. Nur 180 km heute – und damit hinter dem Zeitplan zurück. Es ist Zeit, aus der Sahara herauszukommen und wieder zu beschleunigen.
Tag 37
Ich wache vor meinem Alarm auf, da ein Sandsturm das Restaurant trifft, das nur ein Schuppen ist. Sand kommt überall herein. Nach dem Sandsturm beginnt es zu regnen. Nur für ein paar Minuten, aber die Einheimischen laufen froh umher, weil Regen für sie ein großes Geschenk ist. Bei Sonnenaufgang machte ich mich auf den Weg in den Gegenwind. Schnell merke ich, dass sich die Landschaft verändert. Es gibt ein paar Bäume und Sträucher um uns herum und dann die ersten Farmen. Ich nähere mich dem Ende der Sahara. Heute fühle ich mich besser, aber immer noch schwach wegen des Nahrungsmangels der letzten Tage. Ich habe ein paar Kilo abgenommen und mein Trikot flattert bereits im Wind. Am Abend erreiche ich in die Hauptstadt Khartum. Im Sudan gab es bis dahin kaum Autos und nun komme ich im Chaos an. Es dauert 90 Minuten, bis ich ein anständiges Hotel mit einem indischen Restaurant finde, in dem ich drei Teller esse. Ich bin jetzt aus der Wüste raus und werde jetzt wieder beschleunigen.
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