Aufbruch Richtung Burgund – und die erste Wildcamping-Erfahrung

Florian und André – zwei, die das Bikepacking für sich entdeckten – erzählen in dieser Artikelserie von ihrer ersten gemeinsamen Tour, die sie von Rhein-Main bis ins Burgund führte. Wie ist es nachts alleine im Wald? Welches Material hat sich bewährt? Aber auch das Zwischenmenschliche kommt nicht zu kurz.

Teil 1: Auf ins Burgund – Intro und Ausrüstung (Florian)
Teil 2: Mit Florian ins Burgund – Vorgeschichte und Planung (André)
Teil 3: Aufbruch … – und die erste Wildcamping-Erfahrung (Florian)

Tag 1: Dietzenbach – Stattmatten

Mein erster Tour-Tag begann mit 5:30 Uhr schon reichlich früh, da ich es nicht geschafft hatte frei zu nehmen und somit noch ein paar Stunden im Home-Office verbracht wurden. Da aber alles reibungslos verlief und ein Kollege netterweise übernahm, konnten wir nach ein paar Abschiedsbildern mit unseren Liebsten das Zuhause gegen 9.45 Uhr verlassen.

Im ersten Anstieg in Dietzenbach mussten wir an einer roten Ampel halten und André verlor beim Anfahren seine Kette, was ich erst später beim Verlassen der Stadt Richtung Offenthal realisierte und rechts anhielt. Nach wenigen Minuten hatte er aufgeholt und wir einigten uns auf eine lautstarke Kommunikation, um nicht unnötig Zeit mit gegenseitiger Suche zu verlieren.

Für den Einstieg der Tour Richtung Darmstadt wählten wir die Route an Messel (mit dem Welterbe Grube Messel) vorbei über die Kranichsteiner Straße, die nicht allzu fahrradfreundlich ist, aber zur schnellsten und kürzesten Variante zählt. Nachdem wir auf dem langen Waldstück vor einem geschlossenen Bahnübergang warten mussten, ließen wir zum Erfreuen der L- und PKWs diese zunächst an uns vorbeifahren. Schnell waren wir im Anschluss auch durch Darmstadt geradelt und auf den gut ausgebauten Radwegen Richtung Pfungstädter Kreuz und Gernsheim unterwegs, bevor ein weiterer ungeplanter Stopp, verursacht durch meine vordere Lenkertasche, die am Vorderreifen schliff, uns erneut zum Anhalten zwang. Auf dem ersten Abschnitt hatte ein zusätzlich angebrachter Packsack die Lenkertasche immer weiter nach unten geschoben und ich musste die beiden Gepäckstücke entsprechend nachjustieren. Im Laufe der Weiterfahrt hatte ich immer wieder die Sorge, dass es zu einer weiteren Abschürfung der Lenkertasche kommen könne, was aber glücklicherweise ausblieb. Am Folgetag verzichtete ich gänzlich auf die zusätzliche Belastung am Lenker.

800g Rice-Cake Power

Der erste planmäßige Halt erfolgte dann am verborgenen Krönke-Denkmal zwischen Klein- und Groß-Rohrheim, nachdem mir durch Zufall eine schattige Sitzgelegenheit am Straßenrand ins Auge fiel. Nicht sehr gepflegt war es der perfekte Ort, um seine Notdurft ungestört zu verrichten und anschließend sitzend unter Bäumen ein wenig der Sommerhitze zu entfliehen. Dabei kamen dann auch die von André zubereiteten Rice-Cakes erstmals auf den Speiseplan, die mich noch den ganzen Tag verfolgen sollten, da diese doch etwas fad für meinen Geschmack waren, aber natürlich enorm wichtig für die Aufnahme von Energie. Also stopfte ich die Mahlzeit in mich hinein, ohne auch nur einen Hauch von Hunger zu besitzen, denn wer mich kennt weiß, dass ich nichts weniger leiden kann, als Lebensmittel entsorgen zu müssen. Und es wäre auch nicht der Mühe von André gerecht geworden, der sich am Vortag extra Zeit für die Zubereitung genommen hatte. Vielleicht das nächste Mal mit etwas mehr Würze (Zimt, Ingwer oder Kakao) oder Süße (Honig) 😉

Wieder zurück auf dem Rad überquerten wir kurze Zeit später den Rhein bei Worms, um linksrheinisch unsere Reise fortzusetzen. Es folgten gut ausgebaute und asphaltierte Radwege, auf denen man gut zügig fahren konnte jedoch häufig zwischen Dämmen entlangführten, so dass man selten einen Blick auf den Rhein erhaschen konnte. Nacheinander durch- bzw. umfuhren wir die Städte Ludwigshafen und Speyer.

Etwa 20km vor Germersheim hatte uns dann ein Rennrad-Fahrer angesprochen, der regelmäßig zwischen Wörth und Mannheim unterwegs ist. Er fuhr eine Weile mit uns und berichtete dabei von gesperrten Streckenabschnitten auf unserer Route. Wir hingen uns an seine Fährte bis sich die Wege in Germersheim an einer schönen Rhein-Promenade mit Biergarten trennen sollten. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir insgesamt 130km zurückgelegt, und lediglich noch mal in Mannheim gestoppt, um unsere Getränke schnell aufzufüllen. Aus dem kurz angedachten Stopp wurde eine längere Pause, die ich mit Snacks (ich hatte immer noch Reste vom Rice-Cake zu tilgen) und alkoholfreiem Weizenbier zu füllen wusste. 

Gut gestärkt nutzen wir den weiteren Streckenverlauf am Rhein um ordentlich Kilometer abzuspulen und dem Tagesziel Frankreich näher zu kommen. In den frühen Abendstunden stießen wir auf eine weitere Streckensperrung bei Neuburg a.Rh., die uns zwang vom Rhein weg den durch Deicharbeiten gesperrten Streckenabschnitt bis nach Lauterbourg zu umfahren. Ab hier waren wir endlich auf französischem Boden unterwegs.

Durch die zunehmende Dämmerung wurden wir bald gezwungen mit Licht weiterzufahren. Der Spaß daran wurde aber schon bald zunichtegemacht. Die auf den Plan gerufenen Mücken duldeten die Weiterfahrt nur mühselig. Es fühlte sich an wie ein Mückenmeer, dass zu durchfahren immer dichter und unangenehmer wurde. Da die Sicht noch zusätzlich beeinträchtigt wurde, entschieden wir schnellstmöglich eine geeignete Stelle zum nächtigen zu finden. Ich hatte im Gegensatz zu André noch keine Erfahrung mit dem Aufbau eines Lagers und überließ ihm nach einigen Diskussionen zu mir potentiell erscheinenden die Führung, die er dann auch meisterhaft umzusetzen wusste.

Stattmatten schlaflos auf der Hängematte

Nach wenigen Kilometern folgte ich ihm in einen leicht ansteigenden aus losem Untergrund und Geröll bestehenden Seitenweg, der in ein kleines Waldstück bei der Ortschaft Stattmatten führte. Jetzt bloß nicht noch einen Platten an André’s Rennrad, betete ich innerlich. An den Wegseiten ließen hohe Gräser und dichtes Gestrüpp kaum Einsicht in den dahinterliegenden Wald und als André nach ca. 100 Metern meinte einen möglichen Platz gefunden zu haben, war ich sehr skeptisch und fuhr nach anderen Alternativen Ausschau haltend weiter. Wenige Meter später hatte ich keine Lust mehr. Es war ehrlich gesagt zu dunkel und meine Nerven lagen blank. Durst, Hunger, Müdigkeit, Mücken, Dunkelheit, Diskussion mit André, und noch unzählige andere Dinge schienen mir auf den Kopf zu fallen. Die vielen Gedanken ließen es kaum noch zu, klar zu denken, geschweige denn zu handeln. Ich war froh, als André sich durch das Gestrüpp ins Innere wagte, um den Platz zu begutachten. Nach wenigen Sekunden sollten sich seine Restzweifel erübrigen und er motivierte mich nachzukommen, was ich dann auch unweigerlich tat. In der Tat hatte er einen tollen Platz ausgemacht und ich war sprachlos und einfach nur dankbar dafür. Wir waren von der Haupt-Route kaum abgekommen, gut geschützt durch das Gestrüpp und es war sehr unwahrscheinlich, dass uns Jemand hier „stören“ sollte. Dachte ich zumindest noch zu diesem Zeitpunkt.

Obwohl jetzt alles gut schien, verharrte ich noch einen Moment und sammelte meine Gedanken. Plötzlich hatte ich dann doch großen Respekt vor meiner ersten Nacht, so völlig abseits der Zivilisation und inmitten von Zecken, Insekten und vielleicht auch wilden Tieren. André war bereits mit dem Aufbau seiner Hängematte fertig und ich stand immer noch da, wie angewurzelt, hatte mich kaum bewegt und realisierte dann auch noch, dass ich meine getönte Sportbrille immer noch aufhatte.  Kein Wunder, dass ich schon längere Zeit im Dunkeln tappste, obwohl es tatsächlich noch gar nicht stockdunkel war, wie es mir die ganze Zeit erschien.

Trotz später Erleuchtung kam André glücklicherweise meiner Bitte nach, beim Errichten meines Lagers zu unterstützen. Ich war ihm sehr dankbar, da ich mich allein überhaupt nicht mehr motivieren konnte und mir die Konzentration fehlte. Nachdem alles aufgebaut war, aßen wir noch etwas des selbst gemachtes Müsli (mit beigemischtem Proteinisolat und Nüssen) und legten uns in die Hängematte inkl. Moskitoschutz. Nun bemerkte ich auch einige Mückenstiche, die ich mit meinem biteaway* bearbeiten wollte. Doch dieser ließ sich nicht mehr auffinden, nachdem André ihn benutzt hatte. Nach dem Erlebten konnte ich André aber wirklich nicht böse sein. Ohne ihn hätte ich die Nacht wohl auf meiner Luftmatratze auf irgendeiner Wiese verbracht, wo mich die Mücken zerfleischt hätten. Oder auch nicht… mühselig, sich im Nachhinein darüber Gedanken zu machen.

Alles in allem war uns am ersten Tag ein großer Meilenstein gelungen und wir hatten uns jetzt eine ruhige Nacht verdient. Es sollte aber ganz anders kommen, zumindest für mich.

Sobald ich André eine gute Nacht gewünscht hatte, begann es ungemütlich zu werden. Erst jetzt realisierte ich, dass es alles andere als still war. Es stapften Tiere an uns vorbei, es raschelte oder scharrte von irgendwo und Enten quakten vom See, der auf der anderen Seite des schmalen Waldstücks lag. Ständig wurde ich dadurch vom Einschlafen abgebracht bzw. aus dem Schlaf gerissen. 

Die Route

Insgesamt legten wir am ersten Tag etwas mehr als 200 km zurück. Das war schon heftig.

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