Ob ein Leben ohne Strava möglich ist, frage ich mich schon länger. Seit Anfang 2014 zahle ich für Premium bzw. „Summit“, wie es jetzt heißt. Aber was mache ich damit? Nicht all zu viel. Strava Kündigen? Vielleicht.
Leser Andi fragte kürzlich, ob er auf CyclingClaude einen Gastbeitrag zum Thema „Leben ohne Strava“ publizieren darf. Das passt, dachte ich und freue mich, den Text von Andi veröffentlichen zu dürfen. Vielen Dank.
Strava – der Standard
Strava ist unbestritten der Standard für das Tracken von sportlichen Aktivitäten. Das liegt nicht nur an der einfachen Bedienung, sondern auch daran, dass Strava mit fast jedem Fahrradcomputer und andere Plattformen wie Garmin Connect gut kann. Dass bei Strava das Live-Aufzeichnen von Touren und die Routenplanung nur Stiefmütterlich entwickelt wird, tut den meisten Benutzern von Strava nicht weh. Routen planen kann Komoot sowieso besser und wer ernsthaft seine Leistungen messen will, setzt ohnehin auf Garmin, Wahoo und neuerdings auch wieder auf Sigma.
Doch Strava ist eben genau deshalb für alle da und bewegt sich auf der scharfen Grenze zwischen Freizeitradler und ambitioniertem Sportler. Genau daran scheitert die Attraktivität für so manchen aus der zweiten Gruppe. Wenn klare Facts wichtiger als bunte Bildchen sind, ist Strava nämlich mehr unpraktisch als funktional. Was mir persönlich nicht gefällt ist die Alles-oder-Nichts-Mentalität der veröffentlichen Leistungsdaten. Ich hielt bisher meine Abonnentenzahl klein und die meisten meiner Aktivitäten habe ich als privat eingestellt. Der Grund dafür ist simpel, ich will zwar ab und zu meine gefahrenen Kilometer teilen, aber nicht Puls, Watt und den Leistungslevel. Das Übertragen dieser Daten vom Wahoo Elemnt zu Strava kann natürlich deaktiviert werden, dann aber für alle inklusive mir selbst. Detaillierte Einstellungen, was veröffentlicht werden soll und was nicht, gibt es nämlich nicht.
Datenschutz wird klein geschrieben
Dazu ein kleiner Exkurs: Alle Privatsphäre-Einstellungen von Strava sind erstmal offen. Vor einiger Zeit haben ich nach einem Bekannten bei Strava gesucht. Er fährt jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit und zurück. Obwohl ich damals nicht sein Abonnent war, konnte ich genau sehen, von wo er Montag bis Freitag losfährt und wann er zurück kommt. Open House für jedermann. Sich kurz mit Homezone und Erweiterte Privatsphäre zu beschäftigen ist nicht verkehrt. Wer das bisher nicht bedacht hat muss sich aber nicht schämen, er ist nicht allein. Vor einer Zeit haben GIs so bei ihrem Lauftraining versteckte Stützpunkte im Irak und Afghanistan für die Weltöffentlichkeit unbedacht markiert.
Strava zeigt die gemachten Touren an, Bilder können dazu gespeichert werden, die Handy-App funktioniert und Auswertungen der Leistung können abgelesen werden (wenn freigegeben). Die Downhiller sammeln mit dem Lift unglaubliche Höhenmeter und vielleicht werden demnächst mehr E-Cheater die KOM-Listen der längeren Segmente anführen. Und nicht zu vergessen, auf allen möglichen Kanälen kann der persönliche, für den Rest der Welt mal mehr, mal weniger interessante Erfolg geteilt werden.
Alternativen?
Was ist die Alternative für die, denen eine funktionale Übersicht der gemachten und geplanten Trainings aber wichtig ist, als bunte Bildchen und Likes?
Todays Plan
Todays Plan ist eine dieser Apps und findet zunehmend Gefolgschaft in der Sportwelt – nicht zuletzt aufgrund es Engagement mit den Proteams Sky und Trek-Segafredo. Die Website des 2014 gegründeten Startups aus Australien ist in hervorragendem Denglish geschrieben, was jetzt auf keinen Fall zum sofortigen Wegklicken animieren sollte, denn Todays Plan an sich ist dann doch weitgehend auf Deutsch verfügbar. Gleich zu Beginn wird einem klar gemacht, dass nicht nur plump Daten aufgezeichnet und alles mögliche übereinander gelegt, verglichen und ausgewertet werden kann. Erstellte Trainingspläne lassen sich zudem nicht nur in einem Kalender anschauen, sondern auch aufs Gerät am Bike übertragen.
Also, anmelden und los gehts mit einem zeitlich begrenztem Free-Premium-Account. Ähnlich wie bei Garmin Connect können einzelne Widgets auf einem Desktop gezeigt werden. Der Philosophie treu jedoch ohne Chichi und eher im Stil einer schnöden Excel-Tabelle. In die Widgets lassen sich mehrere Register aus einer Vielzahl von Auswertungen einfügen. Die Vielzahl an Möglichkeiten erschlägt mich während meiner jungfräulichen Erstbenutzung. Offensichtlich haben die Macher von Todays Plan das auch gedacht und bieten vorgefertigte Zusammenstellungen und Beispielinhalte an. Mit ein bisschen Grundverständnis oder der Motivation sich damit zu beschäftigen, können jedenfalls aussagekräftige Übersichten in Tabelle und Diagrammform und jeder erdenklichen Zusammenstellung und Vergleichen aufgerufen werden.
Datenumzug
Als ich mich durch die Menüs durch klickte, wurden mir zwei Dinge klar. 1. Es ist überhaupt nicht so kompliziert, wie es auf den ersten Blick aussieht und 2., ein nicht unwesentlicher Gedanke: Wie bekomm ich die Radfahrten der vergangenen Jahre denn von Strava in Todays Plan?
Die Exportfunktion ist in Strava gut versteckt und verbirgt sich hinter einem Button, der mit riskant klingenden Bezeichnung „Download or Delete Your Account“. Zwei Klicks weiter werden alle Datensätze in einer Zip-Datei von Strava ausgeliefert. Die ist dann zu entpacken und einfach mit der Importfunktion von Todays Plan rüber zu holen.
Das funktionierte gleich beim ersten Mal gut, bis ich merkte, dass etwa 200 ältere Touren fehlten. Hier holte mich der Fluch des App-Hoppings ein. Ich kam von Excel zu Strava, zu Runtastic, zu Garmin Connect und wieder zu Strava. Es war keine Überraschung, dass da was auf der Stecke bleiben wird. Die Ursache war schnell gefunden, Strava exportiert keine Einträge die manuell eingetragen wurden oder von Strava beim damaligen Import von Dritten als manuelle Einträge deklariert wurden.
Glücklicherweise übernimmt Todays Plan im Gegensatz zu einigen anderen auch die Puls und Leistungsdaten, aber ob es als eine Mountainbike oder Rennrad-Tour markiert wird, war hängt von der Qualität der Quelldatei ab. Hilfreich ist, dass die Aktivitäten auch als Bulk von Todays Plan bearbeiten zu können. So konnte ich alle Radfahrten von 2016 auf einmal markieren und dem Typ Mountainbike zuweisen.
Kontrollfreaks wie ich möchten gerne wissen, wie viele KM mit dem Bike X gefahren wurden. Mir fehlt bei Todays Plan die Möglichkeit das eigene Equipment einzutragen.
Was es mit den fehlenden Fahrten auf sich hat, werde ich sicher in einer kommenden Winternacht herausfinden. Primär hat mich interessiert, ob die Leistung mit allem Zip und Zap vom Wahoo Elemnt in Todays Plan kommen, wie das bei Strava passierte. Die Antwort ist recht unspektakulär mit einem einfachen Ja zu beantworten. Parallel zu Strava ist meine Fahrt jetzt auch in Todays Plan. Was ist mit den Trainingseinheiten? Egal ob selbst erstellt oder das Training von Today Plan übernommen, wie kommt es vom Kalender aufs Gerät. Das geht, wie alles andere auch beim Elemnt über die Handyapp. Dort werden die Trainingseinheiten chronologisch aufgelistet und sind mit einem Klick auf dem Elemnt.
Was fehlt
Was fehlt, übrigens bei Strava auch, ist eine Funktion zum Zusammenführen von Aktivitäten. Sowas vermisst jeder, der aus Versehen die Aufzeichnung gestoppt statt nur pausiert hat oder wenn sich der Bike Computer während der Fahrt aufhängt. Andererseits ist die Zeit der All-In-One-Software auch längst vorüber. Auf www.fitfiletools.com werden eine Reihe von Tools angeboten.
Nur die App trübt ein wenig den Gesamteindruck von Todays Plan. Im Vergleich zu, nehmen wir mal wieder Strava als Benchmark, müssen die Australier noch viel tun um auch nur annähernd einen heute üblichen Status Quo zu erreichen. Möglicherweise werden viele auch die Verbindung Googlefit und Apple Health vermissen. Das sind jedoch alles Punkte, die kein K.O. Kriterium sind und sicherlich über kurz oder lang gelöst werden.
Fazit
Für die, die es einfach mögen und ihre sportlichen Aktivitäten gerne mit vielen anderen virtuell teilen, ist Strava mit dem Social-Media-Charakter aufgrund der übersichtlichen Bedienung und Verbreitung nicht die schlechteste Wahl. Das große Manko ist, dass die Veröffentlichung der eigenen Leistungsdaten nicht separat eingeschränkt werden kann. Tools wie Today’s Plan sind auf die intensivere Auswertung von Leistung und Planung von Trainingsblöcken zugeschnitten. Der direkte Austausch mit dem Trainer und Trainingspartner ist dabei ein hilfreiches Addon, das allerdings seinen Preis hat. Glücklicherweise schließt das eine das andere nicht aus und die Jagd auf dem KOM bleibt.