Garmin Varia Vision – sehr geil!

Garmin Varia Vision – das erste Wochenende

Am Wochenende war ich knapp 200 km (101 und 96 km) mit dem Garmin Varia Vision Insight Display unterwegs.
Ich wollte testen, wie das Gadget sich auf längeren Strecken trägt, wie sehr das Blickfeld eingeschränkt ist, wie die Navigationsanzeige ist und ob ich mich trotzdem verfahre.

Garmin Varia Vision – fällt auf

IMG_0420Zunächst einmal ist aber zu berichten, dass man mit dem Teil auffällt. Es ist schon etwas groß und klobig. Vielleicht sieht man gar wie ein Cyborg aus. Ich weiß es nicht.
Jedenfalls war ich Samstagmorgen um elf an der Anlegestelle der Rheinfähre Kornsand die Sensation. Geschätzt 30 Rennradler (aus Griesheim?) warteten mit mir auf das Übersetzen der Fähre von Nierstein zu uns anderen Rheinufer. Es dauerte nicht lange, bis mich der erste ansprach, weil er wissen wollte, was ich da habe.
Natürlich bin ich dann auch seiner Bitte nachgekommen, die Brille aufsetzen zu dürfen.
Danach ging die Brille in der Gruppe rum :-).
Zum Glück hatte ich ein Brillenputztuch einstecken, sonst wäre ich die nächsten 50 km halb blind gefahren. So viele ‚Tatscher‘ waren drauf.
Sonntagmittag, auf dem Rückweg, selbe Rheinfähre, andere Rheinseite, dasselbe Spiel :-).
Ich glaube, einige Sportfreunde habe ich schon heiß gemacht ;-).

Garmin Varia Vision – trägt nicht auf

Was Garmin als Gewicht angibt, habe ich nicht nachgeschaut.
Mein Testgerät bringt allerdings 28 Gramm auf die Waage. Inklusive Brillenhalter und den zwei Befestigungsgummis sind es genau 30 Gramm.

Spürt man das Gewicht?

Nein. Selbst bei vier bis fünf Stunden konnte ich nicht fühlen, dass rechts (ich bin Rechtsträger) 30 Gramm am Bügel hängen.
Das hätte ich nicht erwartet.
Ich kann mir gut vorstellen, dass so ein Gerät am Brillenbügel in einigen Jahren komplett den Fahrradcomputer am Lenker ersetzt, statt nur ergänzt.
Das ist wirklich die Zukunft und Garmin ist auf dem richtigen Weg! Sehr geil!

Garmin Varia Vision – der ‚Tote Winkel‘

Viele, die ich gesprochen habe, bzw. die auf Facebook kommentiert haben, wollten wissen, ob man trotz Vario Vision vor dem Auge noch genug sieht.
Meine Antwort: Es kommt darauf an, wie es eingestellt ist.
Schaut man sich das Produktfoto von Garmin an, nachdem man das Gerät selbst vor dem Auge hatte, weiß man, dass es so nicht o.k. ist.

In diesem Produktfoto sitzt das Display zu weit unten und beschränkt die Sicht nach der Seite. Hinzu kommt, dass das Display etwas weiter vor das Auge gebogen werden muss. So wie der Garmin-Produktmanager das Display angebracht hat, verrenkt man sich das rechte Auge, um überhaupt etwas zu sehen.

So hingegen ist es (für mich) optimal.
Ihr seht, dass ich das Display etwas weiter nach vorne gebogen habe. Außerdem sitzt es am oberen Brillenrand, knapp unter dem Mützenschirm. So kann man immer noch gut nach rechts schauen und hat – wenn überhaupt – nur eine leichte Sichtbehinderung über dem rechten Auge. Mittig nimmt der Mützenschirm aber genauso viel Blickfeld weg und das stört auch niemanden.
Will man das Display ablesen, wandert das Auge lediglich ein wenig nach oben. Die Straße bleibt damit immer im Blick. Daniel von Coffee & Chainrings hat das Ablesen des Displays mit dem Blick auf den Tacho im Auto beschrieben. Eine schöne Analogie, wie ich finde.
In folgendem Foto habe ich versucht, die ‚Sichtbehinderung‘ des rechten Auges darzustellen. Das hält sich doch im Rahmen, oder?

Update:

Ich habe probehalber das Varia Vision am unteren Rand des Brillenglases positioniert, statt am oberen Brillenrand. Auch in dieser Position kann man wunderbar zur Seite schauen, ohne im Sichtfeld eingeschränkt zu sein.
Allerdings ist dann der ‚tote Winkel‘ im unteren Bereich. Will man bspw. nach unten zum Umwerfer schauen, ist das nicht ideal.
Außerdem kann ich in der Position das weiter unten beschriebene automatische Drehen des Displays reproduzieren, welches von Daniel in seinem Blog beschrieben wurde. Der Grund hierfür ist, dass das Varia Vision, wenn es am unteren Brillenrand positioniert ist, beim Blick senkrecht nach unten, bereits ein wenig nach hinten zeigt.

Die optimale Position ist m.E. also am oberen Rand der Brille.

 

Garmin Varia Vision – Links- oder Rechtsträger?


Ich bin Rechtsträger. Daniel von Coffee&Chainrings trägt das Varia Vision links.
Das Display dreht sich automatisch, sodass es nicht auf dem Kopf steht, wenn man das Varia Vision auf der anderen Seite trägt.
Daniel berichtet, dass  ihm diese Auto-Display-Drehung Schwierigkeiten bereitet. Immer wenn er zu tief Richtung Boden blickt, dreht das Display, bzw. stellt sich auf den Kopf.
Das konnte ich bei mir nicht reproduzieren. Angenommen wir haben 0°, wenn ich nach vorne schaue. Schaue ich nach unten, sodass das Display um 90° nach unten zeigt, dreht es sich bei mir noch nicht. Erst bei etwa 95° passiert der Wechsel.
So gelenkig ist meine Halswirbelsäule aber kaum noch. Deshalb ist es mir nicht aufgefallen.
Aber zurück zum Rechts- bzw. Linksträger.
Auch wenn man nur unwesentlich im Blickfeld eingeschränkt ist, behagt mir das Rechtstragen mehr. Rechts ist der Randbereich der Straße, wo meist weniger passiert. Man wird meist links überholt. Nähert man sich einer Kreuzung, haben wir ‚rechts vor links‘. D.h. ich passe sowieso mehr auf, was rechts an der Kreuzung passiert, weil da die vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer her kommen. Links von der Kreuzung bin ich gefühlt erst einmal weniger gefährdet (aber schauen muss ich trotzdem).

Garmin Varia Vision – die Navigation

Großartig, großartig, großartig!
Verfahren, falsch Abbiegen, die Route verlieren wird fast unmöglich.
Nähert man sich einem ‚Abbiegepunkt‘ wird der Navigationshinweis frühzeitig (ca. 150 Meter vorher) im unteren Teil des Displays eingeblendet. Dies geschieht durch ein Piktogramm, der Meterangabe bis zum Abbiegepunkt und dem Namen der Straße, in die man einbiegen soll.
Wer sich dennoch verfährt ist selbst Schuld.

Garmin Varia Vision – die Trainingsseiten

Garmin nennt die verschiedenen Ansichten des Displays ‚Trainingsseiten‘, wie schon bei der Edge-Serie.
Diese können über den Garmin Edge 1000 (oder andere kompatible Modelle – siehe unten) einfach konfiguriert werden – selbst während der Fahrt.
Zunächst geht man auf Einstellungen und dann auf Sensoren. Das Vision Display wird mit einem Brillen-Piktogramm symbolisiert (links oben). Tippt man darauf, kommt man auf die Übersichtsseite des Vario Vision. Über ‚Trainingsseiten‘ gelangt man in das Konfigurationsmenü für die Trainingsseiten.
Insgesamt sind fünf Trainingsseiten möglich, plus eine Seite für Segmente (Garmin/Strava), Navigation und Virtual Partner.
Jede der Seiten ist einzeln aktivierbar.
Die Felder der einzelnen Trainingsseiten kann man individuell belegen, wie man das schon vom Edge her kennt. Allerdings gibt es beim Varia Vision die Einschränkung auf ein bis vier Datenfelder pro Trainingsseite.
Dafür werden aber Batteriestand, Temperatur und Uhrzeit immer zusätzlich ganz oben im Display eingeblendet.

Garmin Varia Vision – für’s Training

Ich glaube, dass das Varia Vision Insight Display für das gezielte Training hilfreich sein kann.
Gerade beim Intervalltraining schaue ich oft aufs Display um zu kontrollieren, dass ich die richtige Wattzahl trete und wie lange das Intervall noch dauert.
Intervalltraining werde ich kommende Woche ausprobieren. Dafür habe ich mir heute eine Trainingsseite angelegt.
Den Edge brauche ich dann nur noch, um die Zeitmessung für das Intervall zu starten, bzw. zu stoppen.

Garmin Varia Vision – Strava Segmente

Erreicht man eines der eigenen Strava-Segmente, popt ein blauer Rahmen auf und der Segmentname taucht auf. Es bleibt blau, bis das Segment durchfahren ist. Danach zeigt das Varia Vision die Zeit an, die man für das Segment gebraucht hat. Cool!

Garmin Varia Vision – und optische Brillen

Ich trage eine Radbrille mit Gleitsichtgläsern, weil ich sonst die Zahlen auf meinem Edge nicht ablesen könnte.
Interessanter Weise kann ich das Display in jeder Position klar lesen, egal wie ich das Display vor dem Brillenglas positioniere. Selbst ohne optische Korrekturgläser ist das Display scharf. Woran das liegt, könnte wohl mein Optiker erklären, ich aber nicht.
Jedenfalls wäre das Varia Vision eine gute Alternative zu Gleitsichtgläsern, da man den Nahbereich zum Ablesen nicht braucht.
Das Geld, was man an den optischen Gläsern spart, kann man dann wunderbar in das Varia Vision Display investieren.
Dennoch sollte man eine billige Lesebrille in der Trikottasche mitnehmen, damit man was am Fahrrad schrauben kann, oder wenn man die Speisekarte beim Café-Stopp lesen kann.
 

Garmin Varia Vision – die Nachteile

Kompatibilität

Zur Zeit ist das Varia Vision nur mit den folgenden Modellen kompatibel:

Ladeklemme

Garmin liefert ein proprietäres UBS-Ladekabel mit einer vierpoligen Ladeklemme an der anderen Seite.
Ich verstehe nicht, warum es ein Micro-USB-Anschluss nicht auch getan hätte.
Übrigens kostet das Ladekabel im Zubehör 29,99 EUR.

Akkulaufzeit

Sie wird mit acht Stunden angegeben. Bei mir war der Akku nach 4,5 h Fahrt noch halb voll. Das scheint also hinzukommen.
Für mich als Radmarathonfahrer reicht das aber nicht ganz. 12 Stunden wären akzeptabel.
 

Garmin Varia Vision – die Zukunft des Fahrradcomputers

Eins ist jetzt schon sicher. Mit dem Garmin Varia Vision halte ich Zukunftstechnologie in den Händen. Ich kann mir gut vorstellen, dass alle Fahrradcomputerfunktionen irgendwann komplett in so ein Display wandern. Geräte wie die Edge-Modelle werden dann überflüssig.
Stimmt dann noch die Akkulaufzeit, >12 Stunden sollten es schon sein, ist es das Gerät perfekt.

Garmin Varia Vision – der Preis

Hier ist der Haken. Mit UVP 399 EUR ist das Garmin Varia Vision leider kein Schnäppchen.
Der wettkampforientierten Fahrer wird das Kosten-Nutzenverhältnis anders beurteilen als der Otto-Normal-Radler. Jemand der oft mit Navigation fährt, hat auch einen großen Nutzen.
Für Brevet- oder Audax-Fahrer, wäre das Produkt bestimmt auch klasse, aber für Langdistanzen reicht die Akkuleistung heute noch nicht aus.
Würde ich es kaufen? Warten wir mal ab. Noch darf ich gut fünf Wochen testen :-). Aber ich bin ziemlich angefixt.
Auf Dauer wird der Straßenpreis die Diskussion relativieren.

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