Winterschuhe? Brauche ich nicht. So dachte ich lange. Schließlich gibt es extrem gute Überschuhe, wie bspw. die GripGrab Arctic High-vis Waterproof*.
Winterschuh statt Überzieher
Überschuhe haben aber zwei Nachteile. Erstens wärmen und schützen Überschuhe nicht von unten. Der Fuß bleibt so warm und so trocken, wie es die Sohle des Fahrradschuhs erlaubt. Zweitens, und für Vielfahrer mindestens genauso wichtig: Der Aufwand beim An- und Ausziehen. Wie viele Stunden Deiner kostbaren Trainingszeit hast Du in den vergangenen Jahren mit dem Überziehen von Überschuhen verbracht? Bei mir kommen Stunden zusammen, garantiert.
Ein richtiger Winterschuh erspart nicht nur Zeit beim An- und Ausziehen. Gute Exemplare sind rund rum dicht, wenn man davon absieht, dass von oben bei starkem Regen immer mal was reinlaufen kann. Außerdem halten sie warm, auch von unten. Kälteschutz ist allerdings relativ. Es gibt Menschen, zu denen auch ich gehöre, die schnell an den Füßen frieren. Andere brauchen leichter gefütterte Winterschuhe oder können mit denselben Schuhen auch noch bei tieferen Minustemperaturen fahren.
Rennrad- oder MTB-Schuhe?
Die Auswahl an Schuhen ist groß und die Qual der Wahl fängt schon beim Pedalsystem bzw. den Cleats an. Ist man nur mit dem Rennrad auf der Straße unterwegs, kann zu einem Rennrad-Winterschuh gegriffen werden, der auf Rennradpedale ausgelegt ist (Look Keo, Shimano SPD-SL etc.). Wie bei normalen Rennradschuhen ist das Laufen aber nur eingeschränkt möglich.
Besser ist m.E. der Griff zu Schuhen aus dem MTB-Bereich, die bspw. mit Shimano SPD kompatibel sind. Auf denen läuft es sich wesentlich besser – selbst wenn sie grobstollig daher kommen. Allerdings muss dann das Rennrad im Winter auf entsprechende Pedale umgerüstet werden; ein Kinderspiel.
Mein Pflichtenheft
Ich suchte nach einem wasser- und winddichten Schuh, idealerweise mit Goretex-Membran, der SPD-kompatibel ist und eine Sohle hat, mit der ich gut laufen kann. Schließlich war ich zu Vor-Corona-Zeiten oft mit dem Rad zur Arbeit unterwegs und musste entsprechend zwischen Parkhaus, Dusche im Sportbereich und Kleiderspind im Keller hin- und her laufen. Die Passform war mir natürlich auch wichtig und gerne hätte ich einen Schuh in Neon-Farbe gehabt, wegen der besseren Sichtbarkeit im Verkehr.
Nach langem Suchen hatte ich die Northwave X-Raptor Arctic GTX im Auge (links). Sie entsprachen genau meinen Vorstellungen, außer dass sie nicht in Neon erhältlich waren. Dafür war die Sohle genau das was ich gesucht hatte – profiliert und rutschfest aber nicht grob. Alternativ hätte ich zum XC-Modell greifen können. Vorteil: neon-gelb. Nachteil: grobe Sohle.
Weil mir die Laufeigenschaften sehr wichtig waren, entschied ich mich schließlich für den schwarzen X-Raptor Arctic GTX.
Achtung: Mein Modell ist mittlerweile nicht mehr verfügbar. Das Nachfolgemodell ist der Northwave X-Celsius Arctic GTX (siehe Bild unten), der sich nur unwesentlich von dem von mir getesteten Modell unterscheidet.

Beim neuen 2021er Modell befindet sich vorne am Schaft eine zweite Lasche. So kann der Fuß besser durch den recht engen Gore-Tex/Neopren-Schaft schlüpfen. Ein Vorteil beim Anziehen. Allerdings vermisse ich die zweite Schlaufe beim X-Raptor nicht unbedingt. Beim Anziehen greift man mit dem rechten Zeigefinger in die Schlaufe und den Schaft vorne mit Daumen und Zeigefinger der andern Hand.
Somit hat das Modell 2021 meine volle Empfehlung, weil es auch beim 2020er X-Raptor nur wenig auszusetzen gab.
Passform
Wie die allermeisten Northwave-Modelle ist der von mir getestete X-Raptor nichts für breite Füße. Meine „normal-breiten“ Füße fühlen sich in dem Schuh aber rund rum wohl. Nichts drückt, v.a. weil die Schnürung eine sehr feine Einstellung erlaubt. Northwave verwendet bei der Schnürung einen so genannten Northwave SLW2 Drehknopf. Der ist o.k., aber ein BOA IP1 wäre die bessere Wahl.
Im Schaftbereich sorgt das eng anliegende Neopren für ein gutes Tragegefühl.
Größenmäßig ist Northwave in etwa mit Shimano und Specialized vergleichbar. Ich fahre 43,5 bzw. 44 in meinen Rennrad- und Gravel-Schuhen. Entsprechend griff ich bei den Northwave X-Raptor zu 44. Auch 43,5 hätte noch gepasst, aber ich wollte etwas mehr Luft für dickere Merino-Socken haben.
Dichtigkeit und Atmungsaktivität
In den allermeisten Fällen bleibt der Fuß trocken. Wasser kann höchstens von oben über den Schaft eindringen, wenn es das Bein herunter läuft. Zieht man die Beinlinge, bzw. die Beine der langen Radhose über den Schaft statt umgekehrt, hat man das Problem so gut wie abgestellt. Bei Winterschuhen mit herkömmlichem Schaft ist das nicht so einfach möglich.
Allerdings kann ein Schuh auch von innen nass werden – wenn er nicht gut atmet. Im Schuh setzt Northwave auf die Koala-Membran. Im Neopren-Schaft ist Goretex Rattler verarbeitet. Wie von Goretex gewöhnt ist eine gute Atmungsaktivität gegeben. Feuchtigkeit wird nach außen gegeben, ohne dass Wind nach innen dringen kann.
Temperaturbereich
Wie oben erwähnt friere ich schnell an den Füßen. Kältegefühl ist aber sehr individuell. Mit normalen Merinosocken kann ich in den Northwave-Winterschuhen stundenlang bei Temperaturen um den Gefrierpunkt unterwegs sein. Wird es viel kälter, fangen meine Füße irgendwann zu frieren an. An wärmeren Tagen sind aber auch Fahrten im Temperaturbereich um +10 Grad problemlos möglich, ohne dass die Füße zu kochen anfangen.
Fazit
Für Leute mit normal breitem Fuß ist der Northwave X-Raptor Arctic GTX bzw. sein Nachfolger X-Celsius Arctic GTX eine gute Wahl. Die Laufeigenschaften der profilierten Gummisohle sind hervorragend. Die Wasserdichtigkeit überzeugt, genau wie die Atmungsaktivität. Der eng anliegende Neopren/Goretex-Schaft ist ein absolutes Plus, auch wenn der Einstieg in den Schuh etwas erschwert wird. Aber egal. Dafür hat das neue Modell die zweite Schlaufe am Schaft. Ein kleiner Kritikpunkt ist der SLW2-Drehknopf von Northwave. Der Drehknopf BOA IP1, den viele andere Marken verbauen, gefällt mir von der Bedienung besser.
Auch wenn es heute meist nicht warm genug war um die Windweste abzulegen, das Wetter (bis auf den Gegenwind) mehr als akzeptabel und die tollen Wege und Straßen ließen das Radfahrerherz höher schlagen. Hier ein paar Impressionen, die zeigen, dass Mallorca sich lohnt.










Ach ja, in Muro gab es einen R4 zu sehen. Der Eigentümer ist wohl Rennradfahrer. Auf der Rückbank lag nämlich eine Radmütze. Sehr sympathisch.



Übrigens hieß der R4 in Spanien früher 4 Lattas, vier Bleche, weil er so einfach aufgebaut war. Heute ist es genau das, was seinen Charme ausmacht.
Ansonsten alles fein, auch wenn die Beine nun etwas schwer sind.
Es sei aber bitteschön noch der Wein der Finca Son Boi erwähnt. Vélo Blanc, Vélo Rosé und Vélo Negre.




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Hallo Claude,
danke für diesen ausführlichen und interessanten Testbericht. Ehrlich und autentisch so wie ich mir einen Testbericht wünsche. Da ich auch gerade auf der Suche nach einem Winterschuh bin, war Dein Bericht sehr hilfreich.
VG
Edgar
Danke für Dein Lob 🙂
Hallo Claude,
habe mir den X-Raptor gekauft und bin voll zufrieden – ich kann deinem Testbericht zu 100% zustimmen.
Ride On!
Ich suche auch einen Winter Schuh, und habe eine Frage.
Haben sie den Schuh auch schon bei +15 Grad getragen?
Schwitzt man bei solche Temeraturen in diesem Schuh, Ich denke er währe toll wenn es Regnet ihn auch zu tragen??
Gerene erwarte ich ein Antwort. MG R,Sch
Temperaturempfinden ist individuell unterschiedlich. Aber ich glaube es ist generell keine gute Idee, einen Winterschuh bei +15 Grad zu nutzen.
Hallo, vielen dank für deinen Beitrag, er konnte mir bei der engeren Auswahl meiner Winterschuhe helfen.
Was darf ich unter „normalen“ Merinosocken verstehen? Alltagssocken oder schon etwas dickere für den Winter?
Vielen dank im Vorraus,
MfG
Florian
Normal dick, nicht zu dick.
Hallo,
danke für den interesssanten Beitrag – ich spiele auch mit dem Gedanken mir diesen Schuh zu kaufen, hätte allerding 2 Fragen 🙂
Sehe ich das richtig auf dem Bild, dass hier quasi ein Adapter für die Sohle mitgeliefert wird, damit man die Schuhe auch ohne Cleats fahren kann? Das wäre nämlich wirklich ideal, weil ich nicht immer mit Cleats im Winter fahren möchte und so einen universellen Schuh hätte.
Frage zur Fußform – ich habe zwar einen normal breiten Fuß, aber einen hohen Rist – ist der Schuh trotzdem was für Füße mit hohem Rist oder eher nicht?
Vielen Dank,
Geri
Ja, Geri, es werden Adapter mitgeliefert. Allerdings muss man dan die Cleats abmontieren. Da die Cleats aber komplett in der Sohle versenkt sind, kann man auch mit den Cleats an den Schuhen normale Pedale fahren.
Habe auch einen etwas höheren Rist, aber nicht extrem. Mir passt der Schuh prima. Ich denke, Du musst einfach probieren.
Das ist wirklich ein Ausführlicher bericht, ich danke viel mals.
Ich habe nun diesen Schuh auch bestellt, und er ist auch schon angekommen. Er fühlt sich vor allen an Vorderfuss ein wenig komisch an, ich kann nicht sagen ob das ist wiel ich noch nie eine so Harte Sohle hatte.
Was ich mich auch frage ob sich der Schuh nach dem eintragen noch ausweitet.
Alles in allem finde ich ihn sehr gut, habe in aber erst in der Wohnung probegetragen und bin noch nicht auf das Farrad gestiegen damit.
Ich denke nicht, dass sich der Schuh weitet. Wenn er Dir zu eng ist, solltest Du ihn zurück schicken.
Super Testbericht – ich danke Dir. Bestätigt meine Wahl umso mehr – ich werde den Schuh bestellen.
Allerdings ist mir ein Fehler aufgefallen: die beiden Modelle –> X-Raptor und auch der Nachfolger X-Celsius haben den Beinamen Artic GTX – nicht Arctic.
Der Unteschied laut Hersteller scheint in der Isolationseigenschaft (Thermo-Resistence) zu liegen: Artic (3 von 5) vs. Arctic (4 von 5).
Beste Grüße aus München
Also auf der Northwave-Seite finde ich keine „Artic“ sondern nur „Arctic“.
https://www.northwave.com/de-DE-de/products/NORTHWAVE-SHOES-X-CELSIUS-ARTIC-GTX-BLACK-49_365913018.aspx
Nun. Ja. Den Schuh gibt es wohl doch. Meiner ist aber dennoch der Arctic und wenn Du dem Link im Artikel zu Hibike folgst, steht da ebenfalls Arctic und nicht Artic.
Tut mir Leid, klingt fast wie ein Vorwurf, dass ich einen Beitrag leisten wollte.
Ja – hibike haben da einen Fehler auf Ihrer Homepage. Nicht nur die…ist mir aufgefallen, dass einige Onlineshops die Bezeichnungen vertauschen bzw. falsch ausweisen.
Wollte lediglich helfen…take it or leave it.
Alles gut. Sollte kein Vorwurf sein. Mein Paar war von Hibike und auf der Kiste stand definitiv Arctic. Auf oder im Schuh steht nichts.
Generell denke ich, dass Northwave sich bei der Modellvielfalt verzettelt und bei der Benamsung unglücklich agiert.
Ja. Das denke ich auch. Es hat mich einiges Zeit gekostet da durchzublicken. Der Modellwechsel von Raptor nach Celsius machte es auch nicht einfacher 😉
Muss mich korrigieren. Es steht doch außen auf dem Schuh, im Fersenbereich. „Arctic“. Ist auch oben links im Foto zu sehen.
Aber ggf. hat sich der Name beim Celsius geändert. Das wäre aber dämlich.
Ich recherchiere mal weiter.
Ohhh – das ist interessant. Jetzt sehe ich es auch auf dem Foto 🙂
Wenn die Unterscheidung zwischen Artic vs. Arctic die Thermoeigenschaft ist – also Arctic wärmer als Artic, dann ist das alte Modell ‚X-Raptor Arctic GTX‘ tatsächlich die für mich beste Kombination: warm und hat die Michelin Sohle. Diese Kombination ist unter ‚Celsius‘ nicht verfügbar.
Hibike hat sie entweder, oder man hat sich vertippt. Warte auf Antwort aus Kronberg.
Es gibt (u.a.) folgende ‚Celsius‘ Modelle bei den MTB Winterboots:
– CELSIUS XC ARCTIC GTX [Grip: 3/5; Thermo-Resistance: 4/5]
– X-CELSIUS ARTIC GTX [Grip: 4/5; Thermo-Resistance: 3/5]
– CELSIUS XC GTX [Grip: 3/5; Thermo-Resistance: 3/5]
Das gemeinsame Merkmal der Celsius-Modelle scheint die Härte der Sohle zu sein (jedoch unterschiedliche Sohlenkonzepte bei diesen Modellen); dies wird lait Hersteller mit Power-Transfer bezeichnet und mit 2/5 ausgewiesen.
Steifere Sohle hat dann das Modell EXTREME XC GTX (Power-Transfer: 4/5)
Hallo,
vielen dank für den ausführlichen Bericht. Ich habe es auch gewagt und entsprechend zugeschlagen (Modell 21). Die Passform ist schon super, nach der Ausfahrt möchte ich mich vom Schuh eigentlich nicht mehr trennen, passt perfekt. 🙂
Leider hatte ich nach der ersten Tour (Schneematsch, Pfützen, Waldweg) einen nassen Fuß. Links war alles perfekt, rechts war die dicke Socke durchnässt (höhe Fußrücken), vermutlich kam die Nässe durch den Schaft in das Innere des Schuhs. Der Schaft sollte auch etwas höher sein, das werde ich mal genauer beobachten.
Die Wärmeleistung konnte ich bisher nur bei 5-3 Grad testen, aber nach 2,5 Stunden bekomme ich trotz dicker Socken ( Woolpower 400) kalte Zehen.
Nervig finde ich jetzt schon das Verschlusssystem, klemmt und lässt sich nur wieder schwer bzw. umständlich öffnen.
Positiv ist wie schon erwähnt ist die Passform, aber auch die Sohle und die entsprechende Laufeigenschaft haben mich überzeugt. Bei der Verarbeitung gibt es auch nicht auszusetzen. Da die Kälteempfindlichkeit bei jedem unterschiedlich ist, führe ich die 2,5 Stunden (wie oben beschrieben) unter positiv auf.
Danke für Dein Feedback. Beim Drehverschluss musst Du nur aufpassen, dass die Schnur richtig rum aufgewickelt wird, beim Schließen.
Auch ich möchte für den detaillierten Testbericht danken.
Mir ist zudem noch zwischen den beiden Modellen aufgefallen, dass die XC etwas leichter und durch die grobere Sohle auch etwas höher sind, aber den Kipppunkt damit auch erhöhen.