Seit 22 Jahren lebe ich im Rhein-Main-Gebiet, erst in Neu-Isenburg, aber die meiste Zeit in Dietzenbach. Als ambitionierter Rennradfahrer kenne ich die Gegend gut. Egal ob Taunus, Spessart, Odenwald oder ins flache hessische Ried – von Dietzenbach aus ist alles gut zu erreichen. Die Straßen sind gut und der Asphalt meist in Ordnung.
Feld und Wald kennt der Rennradfahrer kaum. Wie auch? Wirtschaftswege, die mit einer schönen Teerdecke zum Befahren einladen, wandeln sich allzuoft nach wenigen Kilometern in Schotterpisten, Schlaglöcher inklusive, die mit 25mm-Rennradbereifung nicht zu befahren sind, selbst wenn sie explizit als Radrouten gekennzeichnet sind.
Seit dem Kauf meines ersten Gravel-Bikes ist mir das egal. Ändert sich die Oberfläche, fahre ich einfach weiter. Mit 38 bis 50 mm breiten Reifen kommt man auf #waldundasphalt gut zurecht. Auf eine hohe Durchschnittsgeschwindigkeit darf der Radsportler nicht hoffen. Je weniger Asphalt-Anteil eine Route hat, desto langsamer ist man unterwegs. Auch wird der Bewegungsradius kleiner. Dafür ist man näher an der Natur, entdeckt neue Dinge in seiner nächsten Umgebung und – für mich das Hauptargument – entkommt dem motorisierten Verkehr.
Riesige Kiesel und Bodenmarkierungen – die Regionalpark RheinMain Rundroute
Schon im vergangenen Jahr tauchten in meinem Revier Bodenkennzeichen auf, die ich nicht deuten konnte. Ein Viertel eines Ziffernblattes? Eine Art Sonnenuhr? Ein angedeutetes Kettenblatt? Manchmal sind Kilometerangaben vermerkt, manchmal nicht. Oft sind die rechteckigen Bodenmarkierungen einfach nur weiß. Seltsam.
In derselben Zeit wurden an verschiedenen Wegen riesige Kiesel am Wegesrand aufgestellt, die zum Rasten einladen. Um Dietzenbach, Dreieich und Richtung Heusenstamm wurden es immer mehr davon. Dass die Kiesel was mit den Bodenmarkierungen zu tun haben mussten, war klar. Was aber?
Irgendwann fand sich das Zeichen der Bodenmarkierungen auf neuer Beschilderung wieder. „Regionalpark RheinMain Rundroute“ ist da zu lesen. Eine Google-Suche erklärte den Rest – auch was es mit dem dreieckigen Zeichen auf sich hat.
Regionalpark RheinMain
Stück für Stück entsteht im Rhein-Main-Gebiet ein neues Netzwerk an so genannten Regionalparkrouten für Fahrradfahrer. Insgesamt sollen 1.250 Radrouten-Kilometer zusammen kommen, wovon heute etwa die Hälfte angelegt ist.
Radrouten
Die Radrouten des Regionalpark RheinMain erstrecken sich vom Frankfurter Grüngürtel in alle Richtungen, bis Rüdesheim im Rheingau, nördlich bis in die Wetterau, ins Hessische Ried oder ins Kinzigtal und verbinden derzeit mehr als 300 Ausflugsziele.
Ein rotes Dreieck markiert die Routen auf den zahlreichen Schildern, und fungiert gleichzeitig als Richtungspfeil. Aber Achtung, die Wegführungen kreuzen sich und so muss man manchmal aufpassen, auf der richtigen Route zu bleiben.

RheinMain Rundroute
Einfacher ist die Orientierung auf der Rundroute. Entweder fährt man mit, oder gegen den Uhrzeigersinn.190 km sollen es sein, erfährt man auf der Regionalpark-Homepage, auf der man auch die gpx-Datei für den Garmin oder Wahoo runter laden kann. Einfacher ist es sich aber mit Komoot, wo die Regionalpark-Organisation eine offizielle Route hinterlegt hat.
Die Streckenlänge dieser „offiziellen Komoot-Route“, die ich aber erst beim Verfassen dieses Artikels gefunden habe, ist 199 km und startet/endet irgendwo außerhalb, zwischen Kriftel und Hofheim.
Start- bzw. Zielpunkt ist bei einer Rundroute herzlich egal. So kann man genau dort in die Strecke einsteigen, die vom eigenen Wohnort am Besten zu erreichen ist. Außer man wohnt, so wie ich, direkt an der Strecke. Besser geht es nicht und war für mich gleichzeitig Motivation, die Rundroute an einem Tag fahren zu wollen.
Hinsichtlich der Streckenbeschaffenheit wußte ich schon vom Streckenabschnitt in meinem Heimatrevier, was mich erwartet. Schöne Wege auf bestem Asphalt wechseln mit Waldwegen, Schotterpassagen, kurzen Singletrails und schlechten Wegen, die bei Nässe zu Schlammpisten werden können – Schlaglöcher inklusive. Ideal ist die Strecke fürs Gravel-Rad. Reifen unter 32 mm würde ich nicht empfehlen.
Meine Strecklenplanung basierte auf einer andere Route, die jemand auf Komoot hoch geladen hatte. Diese Strecke hatte übrigens Start und Ziel an der Mainmündung und kam auf 204 km Streckenlänge. Perfekt! Schließlich sieht bei dreistellig eine zwei vorne immer gut aus.
Auf Komoot Start und Ziel eines Rundkurses zu verlegen ist leider ziemlich zeitaufwändig. Ich verstehe nicht, warum das schnelle Verändern des Start- und Zielpunktes entlang der Strecke, nicht wenigstens den Premium-Nutzern zur Verfügung gestellt wird.
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Mehr InformationenRundroute erfahren
Nur selten verläuft die Routenführung parallel zu Hauptverkehrsstraßen, oder kreuzt diese. Oft ist man mit sich und der Natur ganz alleine. Vogelgezwitscher und die Geräusche des Fahrrads ist alles was man hört. Das ist sehr angenehm, wenn man Verkehrslärm und Hektik auf den Straßen des Rhein-Main-Gebietes kennt.
Bei meiner ersten „Erfahrung“ saß ich um 6 Uhr auf dem Rad. In den frühen Stunden waren lediglich ein paar einsame Jogger zu sehen. Danach waren es Hundehalter, die mir auf den Feldwegen und meiner Rast am Hegbachsee in Nauheim begegneten. Den Hafen bei Ginsheim und den Blick nach Mainz, auf die andere Rheinseite kannte ich schon. Schließlich fahre ich oft und gerne hier – nur noch nie so oft durch den Wald wie auf der Rundroute. Gefühlt hat dieser Streckenabschnitt den geringsten Aspahlt-Anteil.
Hat man den Main überquert findet man sich schnell in den Weinbergen des Rheingau. Herrlich, wie abwechslungsreich die Landschaft auf der Regionalpark RheinMain Rundroute ist.
Irgendwann kommt man nach Flörsheim. Dort befindet sich ein imposanter Aussichtsturm und das Besucherzentrum des Regionalpark RheinMain gleich nebenan. Etwa 90 km hatte ich bis dahin hinter mich gebracht. Ich war hungrig und eine Pause hätte gut getan.
Auf der linken Seite des des Besucherzentrums, im selben Gebäude, findet man das Restaurant „Zum wilden Esel“. Corona-bedingt war wenig los. So sollte man meinen, der Wirt wäre froh über Kundschaft. Aber was liest man auf dem Schild vor der Terrasse? „Bitte keine Fahrräder mit auf die Terrasse nehmen.“ Ja sauber. Da pachtet einer ein Restaurant im Besucherzentrum von 1.250 km Radwegen und hat wenig Verständnis für die Bedürfnisse der Radfahrer? Ich habe bei solchen Runden nicht einmal ein Schloss dabei und setzte mich nirgendwo hin, wo ich mein Rad nicht im Auge bzw. in der Nähe habe.
Verpflegung gab es dann erst zwanzig Kilometer weiter. Schnell in einer Bäckerei mit Brötchen, Kuchen und Cola eingedeckt und dann den herrlichem Blick auf die Frankfurter Skyline genossen. Da kann der Wilde Esel denken was er will, aber bei meiner nächsten Runde fahre ich wieder dran vorbei.

Auf der Regionalpark RheinMain Rundroute erwischt man öfter einen Blick auf die Frankfurter Skyline. Nicht immer reichte die Zeit für ein Foto – oder die Zoomstufe des iPhone war zu klein.

Oft gibt es am Wegesrand etwas zu entdecken. Interessant schmeckte bspw. das schwefelhaltige Wasser des „Faulborn“, der fast vergessen scheint.
Vom Landschaftserlebnis hat der RheinMain Rundweg sehr viel zu bieten. Sehr schön ist es bei uns in Rhein-Main. Am meisten genoss ich den Teil, der auf dem Nidda-Radweg entlang führt (Bild rechts).
Die ca. 200 km mit 1.000 hm des Rundwegs RheinMain sind ideal für den ambitionierten Gravel- bzw. Bikepacking-Einsteiger. Mit halbwegs guter Kondition sind die 200 km gut an einem Tag zu schaffen. Rechne einfach mal mit einem 18- bis 22er Schnitt (ich hatte einen 21er bei der ersten Umrundung), plus ausreichend Zeit für Fotostops und Erholungspausen. Je nach Jahreszeit solltest Du Deine Beleuchtung nicht vergessen. Generell macht es aber sowieso Sinn, leichte Akkulampen ständig am Rad zu haben – genau wie eine Klingel.
Bei der Reifenwahl würde ich Gravelreifen mit leichtem Profil empfehlen, wie bspw. den Conti Terra Speed. Mit 32 mm Rennradreifen, bspw. dem Cinturato Velo, kommt man schon eher an seine Grenzen, ist aber auf Asphalt schneller.
Hier ein paar Foto-Eindrucke der Streckenbeschaffenheit, damit Du es selbst einschätzen kannst.
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Ich bin die Route im Mai komplett an einem Tag gefahren, bisschen abgewandelt, damit ich von meinem Heimatort im MTK starten konnte. Ich fand sie sehr schön, bin auch mit Gravel mit 32er Bereifung gefahren. Mehr braucht man nicht, da das meiste ja auf Asphalt oder sehr leichtem Schotter gefahren wird.
Wenn man sich jedoch neben der Strecke was anschauen will, würde ich die Tour auf 2 Tage aufteilen. Ich bin bis auf 2 etwas längere Stops ziemlich durchgehetzt 🙂 Habe übrigens immer ein leichtes kleines Schloss dabei, so konnte ich mich in Hanau im Nachkauf für die Mittagspause eindecken, haha.
Ja. Wenn man zwei Tage einplant, kann man an jeder der Sehenswürdigkeiten anhalten. Das hat auch seinen Reiz.