Die Corona Pandemie ist für viele Menschen auf den Balearen Existenz bedrohend – und wohl nicht nur dort.
Je nach Quelle kommen 200.000 bis 300.000 Radfahrer im Jahr auf die Insel, viele davon zwischen Februar und Mai. Gegenüber den insgesamt rückgängigen Touristenzahlen lief es bei den Radsportveranstaltern gut.
Einer davon ist Easy-Tours. Easy-Tours organisiert Radreisen und hat drei Bike-Stationen auf Mallorca und eine im Allgäu. Ich treffe mich heute mit Markus Hess, dem Inhaber von Easy-Tours.
An der Bike Station im Hotel Platja Daurada Can Picafort tummelten sich gestern noch viele Radsportler aller Klassen. Heute ist es leer. Draußen reinigt einer der Techniker die Luftpumpen. Er kommt ursprünglich aus Osteuropa. Normalerweise würde er jetzt Sattel einstellen und Pedale umschrauben, weil Gäste sich zehn Minuten vor dem Start noch umentschieden haben. Ein anderer, afrikanischer Herkunft, grüßt mich freundlich.
Markus, Mitte 50, angegraut, Schnauzbart, blaue Jacke mit gelbem Easy-Tours-Schriftzug. Er klebt Sticker mit Strichcode auf ein Carbon Rad, als ich in den Laden komme.
„Samstag Abend habe ich von den Maßnahmen der Regierung erfahren und fing an zu weinen“, erzählt mir Markus nach der Begrüßung. Ich glaube, dass das nicht nur so daher gefaselt ist. Die kleine Hoffnung, dass die Balearische Regionalregierung die Ausgangssperre nicht so strikt wie in Madrid umsetzt, hat am Sonntag früh ein Besuch der Guardia Civil zunichte gemacht.
1995 fing der ehemalige Radprofi an, Radreisen auf Mallorca zu organisieren. Daraus ist ein durchaus erfolgreiches Unternehmen entstanden. Mehr als 1.000 Räder hat er hier im Bestand, viele davon sind gerade erst für die Saison 2020 angeschafft worden und noch keinen Meter auf der Straße gerollt. Das werden sie in 2020 wohl auch nicht, denn die Saison ist seit heute vorbei.
Normalerweise sorgen 3.000 Gäste im Frühjahr dafür, dass der Umsatz für ein ganze Jahr erwirtschaftet wird. Davon leben 12 fest angestellte Mitarbeiter, weitere, mehr als 10, hat Markus gestern schon angerufen, damit sie gar nicht erst hierher kommen. Andere wird er noch anrufen. Ich spare mir die Frage, was für Kosten auf ihn zukommen.
Angerufen wurden am Samstag Abend auch Kunden, die noch nicht hergeflogen sind. Bis zwei Uhr morgens hatte man am Standort in Deutschland versucht alle zu erreichen. Viele haben gesagt, sie würden dann im Herbst kommen, andere auf jeden Fall im nächsten Jahr. Im Gesicht von Markus erahne ich, dass er davon nicht überzeugt ist. Wenn der Virus weiterhin die Wirtschaft in Deutschland ausknockt, bleiben nämlich viele Urlaubskassen leer.
Die erste Maßnahme, die Schließung aller Geschäfte ist für 15 Tage angesetzt. Ich erfahre, dass das aber nur wegen einer gesetzlichen Begrenzung so ist. Die Hoteliers gehen von mindestens zwei Monaten aus. Dann ist die Saison vorbei. Die Fahrräder, die Markus neu angeschafft hat, müssen jetzt bezahlt werden. Niemand weiß momentan, ob und wie viel Hilfe der Staat bereitstellt.
2018 waren mehr als 58 Mio. Touristen auf Mallorca. Die damit erwirtschafteten 12 Mrd. Euro Umsatz (Quelle Statista) machen 70 % der Einkünfte der Haushalte aus. Das sind nicht nur die Beschäftigten in den 1.800 Beherbergungen oder den fast 10.000 Bars und Restaurants, an die ich als erstes denke. Das sind auch Handwerker, Lebensmittelhändler und der Müllmann.
Auf der Website von Easy-Tours steht noch, dass 2020 der 25jährige Geburtstag gefeiert wird und ‚in diesem Sinne auf eine tolle Jubiläumssaison 2020‘ …