Auf der Straße wird es immer krasser!
… zumindest in Rhein-Main.
2017 hatte ich einige unschöne Begegnungen mit Autofahrern. Einer war als Fahrradjäger unterwegs und hatte mich sehr knapp überholt, dabei in letzter Sekunde – quasi am Hinterrad – grundlos gehupt, und wenige Minuten später einen anderen Rennradfahrer vom Rad geholt. Ob er dabei auch nur gehupt und eng überholt, oder den Sportsfreund touchiert hat, kann ich nicht sagen. Ich war nicht dabei. Allerdings kam ich kurz darauf hinzu und habe mich als Zeuge angeboten, damit das Verhalten des Fahrradjägers nicht als einmalige, entschuldbare Handlung gesehen wird.
Das war schon am 30. April 2017 und, wenn ich recht informiert bin, sitzt der Rennrad-Kollege immer noch auf seinem nicht unerheblichen Sachschaden – von den Verletzungen mal abgesehen – weil die Versicherung des Fahrradjägers nicht so einfach zahlen will. Der arme Sportsfreund muss nun eine Zivilklage anstreben. Schlimm, oder? Dass der Sportler selbst Polizist ist, hat ihm übrigens Null geholfen, was die seine Glaubwürdigkeit bei der gegnerischen Versicherung betrifft.
Schlimm war v.a. auch, wie sich der Fahrradjäger am Unfallort benahm. Natürlich stritt er ab, überhaupt eng überholt und/oder gehupt zu haben – weder bei mir noch bei seinem Unfallgegner. Außerdem meinte er „wir würden uns noch wundern“ und könnten uns „auf was gefasst machen“.
Genaueres kannst Du in dem Artikel „Fahrradjäger“ lesen.
http://cycling.claude.de/2017/04/30/fahrradjaeger-wie-krank-muss-man-sein/
Übrigens hat die Polizei Dieburg damals explizit gefragt, ob beim Unfall eine Action-Cam mitgelaufen sei. Leider hatte der verunfallte Radsportler keine am Rad. Ich aber! Und so ist wenigstens dokumentiert, wie er mich überholt hat.
Jedenfalls wird gegen den Herrn im braunen Mercedes-Cabrio nun wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verhandelt – und ich bin als Zeuge geladen.
Mal gespannt was da raus kommt!
Gefährliches Überholen
Einige Zeit später, als ich wegen einer Klärung bzgl. meiner Zeugenaussage mit dem Rennrad zur Polizei Dieburg unterwegs war, ballerte ein Porsche, wohl mit überhöhter Geschwindigkeit, beim Überholen auf meiner Spur an mir vorbei – in entgegenkommende Richtung. Da ich vorher die Charity-Event-Strecke von Besi abgefahren und gefilmt hatte, lief zufälliger Weise meine Kamera am Lenker.
O.k. es war nichts passiert, außer dass mein Puls vor Schreck auf 180 war. Der Porsche hat all die Autos überholt, die man hier im Foto sieht, war also die ganze Zeit auf meiner Spur. Er hätte Gelegenheit gehabt, zu bremsen und vorher wieder einzufädeln. Ob er mich nicht sah? Jedenfalls fuhr er, ohne mit der Wimper zu zucken, mit hoher Geschwindigkeit an mir vorbei. Auf der Straße ist 70 vorgeschrieben. Vermutlich hatte er 100 drauf. Ich dreißig, sind dann 130 km/h insgesamt.
Ich war schon sehr erschrocken, aber das zählt ja nicht. Die Polizei Dieburg wollte mich zunächst für dumm verkaufen und keine Anzeige aufnehmen. Es sei ja nichts passiert, meinte der Beamte.
https://cyclingclaude.de/2017/05/23/kampffahrer-der-hiesigen-polizei-egal/
Nachdem ich der Polizei Dieburg über Twitter etwas die Hölle heiß gemacht hatte, bekam ich dann doch Gehör vom Dienststellenleiter.
https://cyclingclaude.de/2017/06/05/kampffahrer-erledigt/
Allerdings zog sich die Geschichte sehr, sehr lange hin, bis alles aufgenommen war. Mehrfach musste ich per Cloud das Video bereitstellen, nachdem die DVD der Polizei bei der Staatsanwaltschaft nicht lesbar war.
Aber offenbar konnte man mit dem Video auf der Cloud nichts anfangen, weshalb ich Monate (!) später noch einmal einen USB-Stick bei der Polizei Dieburg abgeben musste.
Gestern, kurz vor Jahresende bekam ich folgendes Schreiben der Staatsanwaltschaft, das man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte.
Obwohl der Porschefahrer „grob verkehrswidrig und rücksichtslos … falsch gefahren“ sei, ist „die Schuld des Täters als gering anzusehen. Ein öffentliches Interesse, was die Strafverfolgung gebietet, liegt nicht vor.“
Na klar, liebe Frau Staatsanwältin. Ist ja nichts passiert. Genau wie es der Polizist meinte, der mich zu Anfang abgewimmelt hatte.
Dass ich seither ein schlechtes Gefühl habe, wenn ich auf Straßen ohne Randbebauung Fahrrad fahre – also vielleicht ein wenig traumatisiert bin – spielt keine Rolle. Ist ja nichts passiert.
Außerdem wird von einem „Augenblicksversagen“ gesprochen. Das wollen wir doch mal hoffen. Wenn der Herr ständig so fahren würde, dürfte er gar nicht auf die Straße. Dass das Augenblicksversagen aber Grund für die Einstellung ist, erschließt sich mir nicht. Sollte ich irgendwann aus Versehen etwas Schlimmes im Straßenverkehr anstellen, kann ich mich dann auch darauf berufen, solange niemand großartig zu Schaden kommt? Auch bei Gefährdung?
Im Wiederholungsfall
Interessant finde ich den letzten Satz, des Schreibens. „Im Wiederholgungsfall kann der Beschuldigte nicht mit weiterer Nachsicht rechnen.“ O.k. da die Sache jetzt eingestellt ist, wird doch gar nichts dokumentiert. Im Wiederholungsfall wird sich doch niemand im Ernst noch einmal hiermit beschäftigen.
Ordnungswidrigkeit
„Eine etwaige Ordnungswidrigkeit ist bereits verjährt“, so das Schreiben. In der Tat. Die verjährt nämlich nach drei Monaten. Hätte mich die Polizei Dieburg zu Anfang nicht einfach abgewimmelt und hätte die Staatsanwaltschaft Cloud-Dateien abrufen können (das kann selbst Gerds Oma) bzw. hätte sie keine Probleme DVDs zu lesen, wäre die Ordnungswidrigkeit vielleicht nicht verjährt gewesen. Hätte, hätte Fahrradkette, oder um bei Loddar zu bleiben „wäre, wäre …“
Wo ist der Unterschied?
Sichtlich bewegt erzählte der Radprofi Alex Dowsett, der seit Neujahr für Katusha-Alpecin fährt, von seinem Erlebnis, als ihm ein Porsche Cayenne auf seiner Seite entgegen kam.
Sicher war es bei mir nicht ganz so eng und ganz so gefährlich. Aber wo verdammt ist der Unterschied? Wie gesagt, mir geht mein Erlebnis heute noch nach.
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Mmh. Ich bin, gelinde gesagt, geschockt. Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich dazu schreiben soll. Eingestellt? Weil einmal keinmal ist? Ich bin sehr, sehr froh, dass Dir nichts passiert ist und doch finde ich diese Vorgehensweise erschreckend. Allerdings kann ich dem Kreiskrankenhaus Groß Gerau auch „nichts“, obwohl ich gestorben wäre, wenn wir uns so verhalten hätten, wie das Krankenhaus es angeordnet hat. Ohne Not-OP in der BGU, wäre ich einfach gestorben… aber weil das ja nicht so ist, hat man vor Gericht keine Chance. Es muß eben erst etwas passieren.
Da ist es mir doch irgendwie lieber, wenn nichts passiert…
Trotzdem wünsche ich Dir einen guten Rutsch ins neue Jahr. Und dafür vor allem Gesundheit, vor allem für Dein Lieblingshobby!
Viele Grüße,
Claudi
Hallo Claudi, an Deinen Sturz kann ich mich nur zu gut erinnern. Wäre der Porsche etwas näher an mir dran gewesen, hätte ich auch nur auf die Grasnabe ausweichen können. Bei 30 km/h hätte es mich dann sicher ähnlich zerrissen. Wobei der Porsche ohne Berührung weiter gebraust wäre. Zum Glück ist nichts passiert, aber wenn, hätte ich wenigstens das Nummernschild gehabt, falls ich es bis ins Krankenhaus und wieder nachhause geschafft hätte.
Ich wünsche uns allen, dass wir sturz- und unfallfrei durch 2018 kommen werden.
Hoffentlich fahren wir dann bald mal wieder zusammen.
LG
Claude
Boah, was soll man da sagen? Mir fehlen die Worte. Ich bin entsetzt und wütend.
Ja, ich bin auch noch sprachlos. Im Schreiben waren Name, Vorname und Ort angegeben. Das Internet findet den nicht. Noch nicht mal das Telefonbuch. Seltsam, seltsam.
Situationen die nicht angenehm und natürlich extrem gefährlich sind. Leider sind aber auch viele Fahrradfahrer selber sehr unaufmerksam unterwegs. Persönlich habe ich da, gefühlt, bestimmt genauso viele Gefahrensituationen selber erlebt.
Allerdings finde ich es wirklich unmöglich, ein Verfahren bei einer solchen Beweislage einzustellen.
Gruß
Jürgen