Hallo liebe Leser,
am Sonntagabend ging ich nach dem Interview mit Alberto Contador extra früh zu Bett um für Montag fit zu sein. Auch die Massage am Sonntag nach der Ausfahrt hat Wunder bewirkt. Ich fühlte mich frisch wie an keinem anderen Tag.
Um 7:15 Uhr war ich so ziemlich als erster beim Frühstück. Noch war es schön ruhig. Kurz nach mir kam der CEO von Polartec, Gary Smith, zu mir an den Tisch. Ich habe selten einen so entspannten Mann wie ihn gesehen. Er hatte immer einen lustigen Spruch auf der Zunge, ist ein großer Sportsfreund und immer dabei, wenn es darum geht, an die Grenzen des eigenen Machbaren zu gehen.
Start war für 10:00 Uhr angesetzt. Wie auch die Tage zuvor, war ich einer der ersten der abfahrbereit mit dem Rad da stand. Dafür erntete ich einen Spruch von einem Kollegen aus Frankreich: „Typical German“. Dennoch ging es pünktlich los.
Alle waren ein bisschen aufgeregt, ob der heutigen Herausforderung, außer Sabine. Sehr selbstbewusst ging sie den heutigen Hammer-Berg an und meinte, dass wir dafür ja schließlich hier wären. Super, diese positive Einstellung. Im Laufe des Trainingslagers hatte sich unsere deutsche Teilnehmerin mental stark weiter entwickelt. Dass zeigt wozu man beim Radfahren fähig ist.
Das Einfahren zum Pico de las Nieves
Die ersten zehn Minuten waren zum Warmfahren gedacht und dann ging es auch direkt in den Berg. 47 anstrengende Kilometer lagen vor uns. Insgesamt war der Anstieg mit durchschnittlich 4% nicht gerade Angst einflößend, doch zwischendurch gab es Kehren mit anschließenden „Mauern“, die es zu erklimmen galt. Fast nicht der Rede wert, aber Strava zeigte nach einigen Kurve weit über 30% Steigung an. Wenn man das zu oft macht, kann es einem schon hart werden. Vor allem, wenn es immer so unerwartet kommt, wie an diesem Tag.
Ich gab mir alle Zeit der Welt. Ronny von #FreeMotion – von den Jungs hatten wir alle unsere Leihräder bekommen – meinte, dass der Anstieg drei Stunden dauern würde. Diese Zeitvorgabe wollte ich mindestens einhalten. Aber erst einmal galt es, überhaupt hoch zu kommen.
Die Sonne brannte auf uns nieder. 28 Grad in der Sonne Gran Canarias sind irgendwie anders als 28 Grad in Deutschland. Innerhalb der ersten 20 Kilometer fuhren wir im geschlossenen Verband durch die Hügel. Das war super motivierend für alle. So fand man in jedem Gesicht ein Lächeln, das große Zufriedenheit ausstrahlte.
Das Strava-Segment „Pico de las Nieves“
Als dann aber das Strava-Segment startete, war es vorbei mit der gut sortierten Auffahrt. Einige der Jungs, die in ihrem Leben schon öfter Berge erklommen hatten als ich, sind direkt los geprescht als gäb’s kein Halten mehr. Verblüfft konnte ich nur hinterher schauen, was aber auch völlig in Ordnung ging. Ich muss diese „Art“ des Radfahrens ja noch erlernen.
Das Fahren im Stehen am Berg, um so wenig Energie wie möglich zu gebrauchen, war heute Teil meiner „Ausbildung“. Später kam ich zu der Erkenntnis, dass Bergfahren wirklich richtig Spaß macht. Jede Rampe mit einem Lächeln zu nehmen, macht das ganze Unterfangen wesentlich einfacher.
Es blieb aber auch nicht aus, sich unterwegs mit Mitfahrern zu duellieren. Wenn man am Ende einer Kehre jemanden sieht, möchte man diesen einholen und auch schließlich überholen. Das hat an diesem Tag für mich ganz gut funktioniert. Ich bin einfach viel bewusster den Berg hoch gerollt, als noch die Tage zuvor.
Die letzten 4
Die letzten vier Kilometer waren dann aber richtig hart, auch weil der Wind hier oben eine ganz andere Rolle spielt. Die Temperaturen sanken auf gut 15 Grad. Dazu gab es stellenweise Gegenwind; wieder eine ganz neue Erfahrung für mich. Mann lernt halt nie aus.
Jeden Moment in dem ich das Rad mal rollen lassen konnte, habe ich genossen und versuchte Energie zu tanken. Auch eine Banane half mir auf den letzten Kilometern. Als wir den höchsten Punkt erreicht hatten, ließ ich mir direkt mein Rainbag geben. Zum Glück hatte ich die Weste von #Polartec eingepackt. Mit der war der doch recht zugige Wind vergessen.
Nach einer 10 Minuten Verschnaufpause ging es wieder bergab. Wobei man uns gesagt hatte, dass wir uns bitte ständig hinter dem Guide platzieren sollten. Keinesfalls sollten wir versuchen, alleine voraus zu fahren. Die Straßen in der Abfahrt waren nämlich nicht ohne. Mit bis zu 20% Gefälle und über einem Belag, der mich schwer an die „Panzerplatten“ in meiner Heimatstadt erinnerte, ging es hinab. Die Bremsen des Leihrades wurden gut beansprucht und ich war froh, meinem eigenen Rad diese Strapazen nicht auferlegt zu haben.
Kleinere Gegenanstiege überrollte ich mit schnellen Beinen, wobei mir meine 67 kg Körpergewicht zum Vorteil gereichten.
Als wir die Abfahrt hinter uns gelassen hatten, ging es mit massig Rückenwind und Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h in Gruppe zurück ins Hotel. Das war nochmal richtig spaßig. Schade, dass man sich immer so lang bergauf quälen muss, um dann die Abfahrten so schnell hinter sich zu lassen.
Im Hotel klatschten wir uns alle ab und feierten, dass wir den Pico de las Nieves geschafft hatten.
An dieser Stelle unterbreche ich kurz. In den folgenden Tagen geh ich ein wenig auf das Drumherum ein. Unser Abendprogramm, sowie Dinge die ich von den Profis in dieser Zeit gelernt habe.