Jedermannrennen – ich will doch nur Spaß
‚Profiteams‘ raus aus den Jedermann-Events
Am 1. Mai ist es wieder so weit: Mein Heimrennen Eschborn-Frankfurt! Tausende Rennradfahrer gehen auf die vier verschiedenen Jedermann-Strecken des Radklassikers.
Fahren auf abgesperrter Strecke, macht Spaß, oder?
Im Prinzip ja, aber immer mehr Sportfreunde wenden sich ab.
Grund ist die Professionalisierung des Jedermannradsports, hört man immer wieder.
Aber ist das wirklich so?
Professionelle Dominanz
Fakt ist, dass nicht nur die Rennen des German Cycling Cup von (semi-) professionellen Teams wie Bürstner-Dymo-Cycling, Merkur-Druck oder Team Strassacker dominiert werden.
Einzelfahrer haben kaum eine Chance auf vordere Plätze, selbst wenn Training und Material auf Augenhöhe mithalten.
Aber das ist nicht das eigentliche Problem.
Bis aufs Messer – jeder gegen jeden
Im Gegensatz zu den von Renntaktik geprägten Profirennen, begeben sich Jedermänner und –frauen gemeinsam auf Einzelzeitfahren.
Nur das eigene Ergebnis, die eigene Platzierung zählt.
Selbst im Mittelfeld wird bis aufs Messer gekämpft, gefährliche Fahrweise inklusive. Jede Sekunde ist wichtig und jeder ein Gegner.
Spaß sieht für viele anders aus!
Höchste Zeit, das Rad wieder zurück zu drehen
Warum gibt es bei Eschborn-Frankfurt Ergebnislisten und Siegerehrungen auf allen vier Strecken (115, 104, 70 und 42 km)?
Warum gibt es selbst auf der 70er Strecke noch Punkte für den German Cycling Cup?
Nur noch eine Strecke für wettbewerbsorientierte Fahrer
Lasst die semi-professionellen Teams und leistungsstarken Einzelstarter auf der längsten Strecke ihr Rennen fahren – mit allem drum und dran.
Bei Eschborn-Frankfurt wäre das die 115-km-Strecke ‚Extreme‘.
Gestartet vor allen andern Rennen, könnten – wie bei den Profis – eigene Teamfahrzeuge dabei sein, Sprint- und Bergwertungen gefahren und Sieger gekürt werden.
Punkte für die Wertung des German Cycling Cup gäbe es nur dort und …
Dopingproben sollten obligatorisch sein.
Jedermann-Events statt ‚Rennen‘ für die Spaßfahrer
Auf den restlichen Strecken könnte durch den Verzicht auf Wertungs- und Siegerlisten das Rennrisiko minimiert und der Spaß im Vordergrund stehen.
Die individuellen Fahrtzeiten würden nur auf den Finisher-Urkunden dokumentiert und Siegerehrungen gäbe es keine.
Bringt Dir das den Spaß zurück?
Teile deine Argumentation nicht ganz. Diese sehr organisierten Teams fahren ja jetzt schon vorneweg und „duellieren“ sich nur mit 2 handvoll Einzelstartern die da mithalten können. Die sind dann meist auch ehemalige Lizensfahrer, die sich zu wehren wissen.
„Selbst im Mittelfeld wird bis aufs Messer gekämpft, gefährliche Fahrweise inklusive. Jede Sekunde ist wichtig und jeder ein Gegner.“
Da findet man ja eher selten die Fahrer, die groß Punkte einfahren wollen, sondern meiner Meinung nach diejenigen, die bei Ihrem Heimrennen einfach mal ne bessere Platzierung rausfahren wollen, oder ihren Trainingskollegen was beweisen wollen oder sonstwie auf Anerkennung aus sind .
So lange nicht jeder mit ein wenig Vernunft unterwegs ist, wirste das nicht ändern.
Christian, aber genau das ist doch der Punkt. Wenn das ‚richtige‘ Rennen nur noch auf der langen Strecke statfindet, und es auf den kürzeren Strecken kein Klassement gibt (lediglich die individuelle Zeit), wird mit mehr Vernunft gefahren. Keiner kann dann auf diesen Strecken seinen Trainingskollegen beweisen, was er für ein vermeintlicher Crack ist. Damit wird die gefährliche Fahrweise minimiert. Findest Du nicht?
Hallo Claude,
ich bin der Meinung, dies gibt es bereits – es nennt sich RTF. Keine Zeitnahme, grundsätzlich entspanntes Fahrerfeld und wenn jmd. bolzen will, dann gewinnt er im Ziel halt die goldene Ananas.
Wenn die Veranstalter aber für Ihrer „Jedermänner“ Preisgelder ausloben und die mediale Beachtung derart hoch ist (Ötzi, Cyclassics), dann holt man sich natürlich entsprechende Fahrer/Teams ins Feld. Mir ist noch in den Ohren, wie Bernhard Kohl als Ex-Profi und Ex-Dopingsünder den Supergiro Dolomiti gewann – ja klasse, er hat gezeigt, dass er es immer noch mit den Mamils und der Kuchenfraktion aufnehmen kann..
Ich glaube wir haben an einem Punkt aneinander vorbei geredet.
Das richtige Rennen wird auf allen Strecken vorne gefahren, dass betrifft vielleicht 100-200 Fahrer. Die restlichen 4800 bekommen davon doch eh nichts mit.
Ich bin mal bei Rund um Köln sehr weit vorne gestartet da wir eine Dame in die Top Ten fahren wollten. Da war ich in der Damen Kopfgruppe. Klar wurde das Anschlag gefahren, klar wurde da richtig Rennen gefahren, aber da hatte auch jeder die technischen Voraussetzungen und die Radbeherrschung das zu leisten.
Gleiches Rennen im darauffolgenden Jahr, gleiche Situation. Durch Defekt landete ich deutlich weiter hinten im Feld. Dort wurde ich abgeräumt, weil jemand in eine Lücke gefahren ist, die nicht da war. Es ging um Platz 4872 vermute ich mal.
Meiner Meinung nach sind grundsätlich die Leute mit falschem Ehrgeiz das Problem. Dieser Ehrgeiz gepaart mit einer ungesunden Portion Überschätzung lässt gefährliche Situationen entstehen, so zumindest meine Erfahrung.
Hallo Christian,
genau deshalb stimme ich Claude zu. Leute mit falschem Ehrgeiz fahren hinten alles kaputt, weil es nur um ihr Ergebnis geht.
Ich habe es so verstanden: Alle, die ein richtiges Rennen fahren wollen, bitte auf der Strecke, wo auch die Jedermann-Teams antreten.
Alle anderen fahren auf den kürzeren Strecken miteinander und höchstens gegen sich selbst.
Das könnte wirklich viel entspannter werden und mich dazu bewegen, wieder mehr Jedermannrennen zu fahren.
Liebe Grüße
Christa
Jetzt werden hier aber meiner Meinung nach mehrere Dinge in einen Topf geworfen, die man trennen muss.
„Leute mit falschem Ehrgeiz fahren hinten alles kaputt,“
Das sind aber nicht die Leute, die in den professionell organisierten Teams fahren und um die ging es doch in dem Artikel.
Natürlich wollen die Leute, die sich bei einem Rennen anmelden auch an einem Rennen teilnehmen, sonst könnten Sie auch eine RTF fahren. Deswegen gibt es ja beide Formate.
„Keiner kann dann auf diesen Strecken seinen Trainingskollegen beweisen, was er für ein vermeintlicher Crack ist. Damit wird die gefährliche Fahrweise minimiert.“
Nochmal nachgedacht. Wenn es keine offizielle Zeit gibt, werden Sie hinterher ihren Zeiten bei Strava vergleichen oder sich die Heldentaten beim Bier erzählen.
Das gab es immer und wird man auch nicht verhindern können, so meine Vermutung.
Das Problem ist, dass für den BDR immer nur der Spitzenleistungssport gezählt hat. Dass es ein Breitensportinteresse an Radrennen gibt wurde nie gesehen, dafür gab es nur die „RTF“. Das ist aber kein Rennen. Das Feld wurde also den Eventveranstaltern überlassen.
Eine Lösung wäre eine echte Einsteigerklasse unterhalb der C-Klasse gewesen, und diese Einführung bereits vor 20 Jahren. Rennsport wäre dann nur mit Lizenz möglich gewesen. Wer schnell ist steigt dann auf und ist C-Fahrer, alle anderen bleiben in der Einsteigerklasse unter sich. Die Vereine und Verbände hätten gleichzeitig mehr Mitglieder etc. Wer Wettkampfsport betreibt müsste dann (wie in anderen Sportarten ja auch, z.B. Fußball mit Lizenzpflicht bis in die Kreisklasse runter) eine Lizenz lösen.
Diese Entwicklung wurde aber verschlafen. Mit „Hobbyrennen“ und nun neu dem Versuch, Einzelzeitfahren im Rahmen von RTF als sportlichen Wettkampf anzubieten wird vom BDR Seite versucht nachzusteuern, aber das Feld ist wie gesagt schon besetzt.
Dazu kommt das Problem, dass viele lieber zu einem Big-Event gehen dass dan viel kostet, als zu einem kleinen Hobbyrennen. (Beispiel hier in Merdingen bei Freiburg, wo bei dem schönen Hobbyrennen eigentich nie mehr als 20 Starter sind. Gut, auch hier gibt es das Problem, dass Leute, die eigentlich Top-Lizenzfahrer sind ohne Lizenz beim Hobbyrennen starten etc. Aber das hab ich ja oben beschrieben.)
In den meisten Punkten stimme ich dir zu, ABER dass die Fahrweise entspannter wird, wenn es kein Klassement mehr gibt glaube ich nicht. Die Fahrer werden immer noch darauf fixiert sein ihre Zeit aus dem Vorjahr zu verbessern und trotzdem „bis aufs Messer“ fahren – so zumindest meine Einschätzung.
Ich kenn das jedenfalls von RTFs – wo es ja nichtmals eine Zeitnahme gibt und die Straßen offen sind – da wird z.T. schon gefahren, dass ich denke die haben alle den Schuss nicht gehört.. wer Rennen fahren will, soll bei Rennen starten 😉
Hallo,
ich versuche mal ein paar Fakten zusammeln:
– Bei Veranstaltungen unter der Schirmherrschaft des BDR ist es für Jedermann-Rennen nicht erlaubt fixierte Preisgelder für Platzierungen zu bezahlen. Wenn das über Radnet ausgeschrieben wird – dann wird das zum Teil auch moniert. Es gibt allerdings einen Toleranzbereich z.B. für Sprintprämien. Siehe hierzu Sportordnung und WB Starße.
– Bei Lizenzrennen sind max. 200 Starter zugelassen. Das erhöht gegenüber 4000 Startern auch die Sicherheit…
– Wenn kommerzielle Veranstalter Rennen anbieten ohne Schirmherrschaft vom BDR können die so ziemlich machen was sie wollen.
– Genau genommen ist es Lizenzfahrern nicht erlaubt an solchen Veranstaltungen ohne Schirmherrschaft von BDR (oder einem ausländischen Verband) teilzunehmen. Das ist zum Teil auch schon geahndet worden.
– Doping-Kontrollen bei bei Jedermann-Rennen haben genaugenommen keine Folgen. Im Gegensatz zu Lizenzfahrern haben sich Jedermänner nie einer Sportordnung unterworfen.
Nun ein paar subjektive Eindrücke:
– Im GCC wird in der Spitze mit einem höheren Leistungsniveau gefahren als in der C-Klasse. Diese Fahrer wären in der C-Klasse relativ schnell aufgestiegen, in der B-Klasse (da in der Regel gemeinsam mit der A-Klasse) würden die dann hinterherfahren.
– Die großen (kommerziellen) Jedermannrennen haben vielen Lizenzrennen etwas voraus: Die fahren durch die City und auf attraktiven Strecken während die reinen Lizenzrennen im Industriegebiet um den Block fahren.
– Im Lizenz-Bereich sind die reinen C-Rennen eine Seltenheit. Meist geht das mit der AB-Klasse (und eventuell auch noch KT) gemeinsam. Und damit gewinnen die C-Fahrer nicht… Alternative ist der Start mit den Jedermännern.
Es ist hier nicht einfach eine Lösung zu finden … zumal die finanzielle und personelle Kraft der kommerziellen Veranstalter fast schon übermächtig ist…ich weiß mit welchen Budgets die kommerziellen Veranstalter arbeiten genauso mit was Vereine auskommen müssen. Das sind einfach zu unterschiedliche Waffen…
Hier zwei Anmerkungen zu deinen subjektiven Eindrücken:
– ich glaube in vielen Landesverbänden gibt es bei den Lizenzrennen tatsächlich ein gemeinsames Rennen für alle Klassen, da ansonsten in in den einzelnen Klassen zu wenig Fahrer am Start wären. In NRW ist dies aber bei etwa 90% der Rennen noch der Fall. Wobei es in diesem Jahr leider auch einige Rennen gab die nur noch ein Rennen für alle Klassen veranstalten konnten oder wollten.
– und anderseits ist das Leistungsniveau der Spitzenfahrer des GCC meiner Meinung nach nicht zwischen B- und C-Klasse. Ich denke die guten Fahrer aus dem GCC könnten in der A-Klasse bestehen.