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Home Cycling Blog

Im Zweifel für die Angeklagte?

von Claude
22. Januar 2023
in Cycling Blog
Lesevergnügen: 3 Minuten
0
7
Standard Header CyclingClaude

Femke Van Den Driessche

Ihr Name wird in die Geschichtsbücher eingehen, so oder so, als erste Person, die des ‚E-Doping‘  überführt wurde.
Die UCI nennt das offiziell ‚technological fraud‘, also ‚technischen Betrug‘ – und Betrug ist es immer, wenn wir von Doping sprechen.

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Was wir bisher wissen

Das während des U-23 -Rennens bei der Cyclocross-WM in Zolder beschlagnahmte Rad wird Femke Van den Driessche zugeordnet. Sie ist amtierende Belgische-U23-Meisterin und U23-Europameisternin.
Die Beschlagnahme erfolgte nach einer Untersuchung von Rädern im Fahrerlager, während des Rennens, wohl schon in der ersten Runde.
Man hat Kabel und einen Motor im Fahrradramen gefunden.
Femke Van den Driessche, immerhin Mitfavoritin, hatte bereits zu Anfang des Rennens mechanische Probleme – und stieg schließlich, vor der letzten Runde, endgültig aus.

Was mir trotz Recherche bisher unklar ist

Hat Femke nach den mechanischen Problemen Ihr Rad gewechselt?
Hat sie nicht auf das manipulierte Rad wechseln können, weil es bereits in der ersten Runde beschlagnahmt wurde?
Hat sie überhaupt vom eingebauten Motor gewußt?

Die Story, die sie und ihr Vater auftischen

Femke und Ihr Vater behaupten, dass sie nichts von dem versteckten Motor gewusst hätten.
Das Rad hätte ehemals Femke gehört, aber man habe es Ende der vergangenen Saison an einen Freund der Familie verkauft.
Dieser Freund, der anscheinend öfter mit ihr trainiert, befuhr die offzielle Rennstrecke just vor dem WM-Rennen. Ein Mechaniker des Teams nahm das Rad aus Versehen, reinigte es und bereitete es für Femkes Renneinsatz vor.

Was mir an der Story nicht gefällt

Das Rad, ein Modell der Vorsaison, war also 100 % identisch, so dass ein erfahrener Mechaniker, der das Material der amtierenden U23-Europameisterin betreut, keinen Unterschied festgestellt hat?
Der ‚Freund‘ baut sich einen Motor ein – was er sicher darf, solange er keine Rennen fährt – versteckt ihn dann aber komplett und erzählt niemandem davon?
Nach dem Befahren der WM-Strecke lässt er sein sicherlich teures Rad einfach so stehen und merkt gar nicht, dass es weg ist?
Im Zweifel also für die Angeklagte?

Eines ist Fakt

Der UCI ist es egal, wem das Rad letztendlich gehört.
Sportlerin und Team sind verantwortlich dafür, dass die Räder den Vorschriften entsprechen.
Nach UCI-Statuten wird technischer Betrug mit Disqualifikation, mindestens sechsmonatiger Sperre und einer Strafe von bis zu 200.000 CHF bestraft.
Das Team kann darüber hinaus mit bis zu 1.000.000 CHF Strafe und einer Sperre belegt werden.

Wie auch immer

In jedem Fall reiht sich die Story in der Liste der skurrilsten Dopingausreden weit oben ein.
Wie integer die Familie Driessche in Sachen Doping ist, belegt die derzeitige Sperre von Femkes Bruder Niels, der mit EPO gedopt hat.
Interessant ist das allemal, auch wenn ich hier niemanden in Sippenhaft nehmen möchte.

Was bleibt

Es ist die Erkenntnis, dass man mit verhältnis wenig Aufwand Fahrräder technisch manipulieren kann, ohne es von außen sehen zu können. Bis zum vergangenen Samstag war es ja nur eine Vermutung.
Gut, dass die UCI im Profizirkus Tests durchführt.
Auch wenn man wie beim medizinischen Doping immer einen Schritt hinterher sein wird, technisches Doping ist leichter aufzudecken und es bedarf keiner B-Proben.
Bauchschmerzen habe ich deshalb für den Profibereich kaum.
Mehr Gedanken mache ich mir um den Jedermann-Sport.
Mit etwas Geld kann man sich leicht etwas mehr Druck aufs Pedal packen.
Macht es da noch Spaß, bei den Jdermannrennen oder den prestigeträchtigen Events mitzufahren?
Werden die Veranstalter sich Kontrollen einfallen lassen?
Wann wird der erste Betrüger im GCC erwischt?
Wie denkt Ihr darüber?
Follow #CyclingClaude

Über den Autor

Claude ist nach langer Radabstinenz, und mehr als 20 kg Übergewicht, seit 2008 mit dem Fahrrad unterwegs; nicht gut, aber mit Freude.
Neben gesunder Ernährung sind es v.a. ‚Gadgets‘ und neue Produkte rund ums Rad, die ihn interessieren.
Sein Herzblut hängt an der Vätternrundan in Schweden – 300 km die ihm jedes Jahr aufs neue Respekt abverlangen.
Dass sein Blog 2015 unter die Top-10 (Platz 4) gewählt wurde, freut ihn sehr.


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Kommentare 7

  1. Markus says:
    10 Jahren her

    Warum wird im Fahrradbereich immer von Doping gesprochen oder hier geschrieben?
    Ich habe noch nie lesen müssen, daß z.B Michel Schuhmacher gedopt hat und das obwohl sein Sportgerät mehr als einmal nicht den Vorschriften entsprochen hat.
    Mittlerweile wird dieser schöne Sport schon von den eigenen Leuten mehr in den Dreck gezogen als nötig.
    Das soll nicht das Verhalten der Fahrerin be oder entschuldigen aber ein Motor in einem Rad hat nichts mit Doping zu tun es ist wie ein nicht vorschriftsmäßiger Flügel oder Bodenblech in der F1 eben ein technischer Betrug, Es klingt nur nicht so sexy wie Doping.

    Antworten
  2. Lara C says:
    10 Jahren her

    Danke für den entspannt geschriebenen Artikel zum momentan angespannt diskutierten Thema.
    In der Tat glaube ich auch, dass der Jedermannsport bald sehr betroffen sein wird.
    Bzgl. der Kritik meines Vorredners kann ich nur sagen, technischer Betrug ist eben auch Doping.
    Auf Wikipedia findet man folgende Definition:
    „Unter Doping versteht man die Einnahme von unerlaubten Substanzen oder die Nutzung von unerlaubten Methoden zur Steigerung bzw. zum Erhalt der – meist sportlichen – Leistung.“
    Hier sprechen wir doch von „unerlaubten Methoden zur Steigerung der Leistung“.
    Interessant finde ich bei Wiki weiter unten im Text den Absatz zum E-Doping. Das kommt also u.a. auch im Schach vor ;-).

    Antworten
  3. Henrik says:
    10 Jahren her

    Mich würde, da ich noch nie auf einem Pedelec/E-Bike o.ä. gesessen habe, mal interessieren, was das so bringt. Also wenn ich als Hobbylusche aus eigener Kraft bei einem hügeligen Jedermann-Rennen einen, sagen wir in meinem Fall 35er Schnitt fahre, könnte ich mit so einer „Hilfe“ dann realistisch mit den ganz flotten aus dem A-Block dauerhaft mithalten? Oder ist das nur kurz ein kleiner Boost in einer Steigung oder so? Man kläre mich auf! 🙂

    Antworten
    • Claude says:
      10 Jahren her

      Hallo Henrik,
      das ist eine gute Frage, die ich auch nur bedingt beantworten kann, weil ich so ein System auch noch nicht gefahren bin.
      Femke hatte wohl ein Vivax-System verbaut. Normalerweise haben die den Akku in der Satteltasche. Anscheinend wurde der auch noch im Rahmen versenkt.
      Das Standard-Vivax-System bringt lt. Hersteller 200 zusätzliche Watt aufs Pedal. Damit dürfte der Durchschnittsradler seine Leistung verdoppeln können. Bei einem Profi ist das in der Relation zwar weniger, aber immerhin so, dass man es merkt.
      Der Akku soll zwischen 60 und 90 Minuten halten. Aber man kann ihn ja zwischendurch ein- und wieder ausschalten.
      Das System ist sicher für gemeinsame Ausfahrten prima, wenn man den Unterschied auslgeichen möchte. Das könnte also manchen Frust bei radfahrenden Paaren lindern (und ich sage jetzt nicht, dass immer die Frau den Motor braucht).
      Hier ist ein Video aus Youtube, ab 2:20 min interessant: https://www.youtube.com/watch?v=ZPYfpbH5dvs
      Und hier ist der Link zur Produktseite von Vivax: http://www.vivax-assist.com/de/produkte/vivax-assist-4-0/vivax-assist_4-0.php
      Das System kostet keine 3000 EUR und mit wenig mehr Geld wird man den Akku auch noch verschwinden lassen können. Somit könnte vereinzelt ein ambitionierte Jedermann auf den Geschmack kommen.
      Beste Grüße
      Claude

      Antworten
      • Henrik says:
        10 Jahren her

        Danke für die Ausführung. 200 Watt ist mal ’ne Ansage, damit könnte ich meine Platzierung beim Heimrennen sicherlich dritteln. 😉
        Da ja schon Jedermänner des Dopings überführt wurden, würde mich hier auch erstmal gar nichts wundern… Aber wenn jetzt schon eine Amateurin erwischt (die Story kaufe ich denen bei aller Liebe nicht ab, die ist ja noch wilder als ACs Steaktheorie) wurde, wie hoch ist dann wohl da die Dunkelziffer? Einfach nur noch traurig, aber es ist wohl wie es ist: was geht, wird gemacht.
        Grundsätzlich fände ich den „Rückenwind per Knopfdruck“ aber charmant, bspw. wenn man irgendwo ungeschwitzt ankommen möchte oder in „noch 2 Stunden Gegenwind und eigentlich keinen Bock mehr“ oder „Mann mit Hammer fern der Heimat“-Situationen.
        LG Henrik

        Antworten
  4. Daniel says:
    10 Jahren her

    Ist das eigentlich ein überprüfter Wert mit den 200 Watt und den 90 Minuten oder ist das wie bei hochwertigen Lampen, deren Lumpenzahl bei längerer Benutzungsdauer abnimmt? Sprich sind die 200 Watt über die vollen 90 Minuten abrufbar oder nur für 5min? Und über 90min „nur“noch 50 Watt? Das macht in der Bewertung der Sache kaum einen Unterschied, jedoch bräuchte man bei +50Watt schon ein größeren konditionellen Unterbau als bei +200Watt, damit würde ja selbst ein wenig trainierter sich ganz ok behaupten können.
    Zum eigentlichen Vorfall: Ich teile deine Fragen, finde die Story komisch halte aber auch nichts von drakonischen Strafen. Das Strafmaß sollte nicht höher sein, als beim Doping. Denn lieber motorisiert betrügen als auf Kosten der Gesundheit, denn machen wir uns nichts vor, im Leistungssport wird doch überall betrogen und die Grenze ausgetestet. Das Formel1 Beispiel ist gut, aber um Beispiel auch die Schwimmer mit ihren krassen Anzügen vor ein paar Jahren oder oder oder.
    Viele Grüße
    Daniel

    Antworten
    • Claude says:
      10 Jahren her

      Nein, Daniel, der Wert ist von der Hersteller-Page. Ob das in der Praxis so ist, kann ich nicht sagen, aber da man das Ding ja nicht ständig mitlaufen lassen muss, kann es schon ein Rennen gut durchhalten.
      Von den Forderungen nach lebenslangen Sperren für technische Betrüger halte ich auch nichts, aber analog des med. Dopings wäre schon gut.
      Technische Vorteile durch Aero-Konstruktionen, spezielle Laufräder etc. versucht ja jedes Team, wo es nur geht. Aber da wo der Antrieb unterstützt wird, sollte es aufhören.

      Antworten

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